Taiwan Premier League: Tainan City FC – Tatung FC

25.08.2019
14. Spieltag Taiwan Premier League
Tainan City FC - Tatung FC
Fu Jen Catholic University Stadium
Endergebnis: 4:1 (2:1)
Zuschauer: ca. 100
Fotoalbum

Während des diesjährigen Trips nach Fernost sollte mal wieder ein neuer Länderpunkt rausspringen. Aufgrund der günstigen Fluglage und des ausgesprochenen Limits von vier Tagen entschied man sich dabei recht schnell für Taiwan, bzw. für die Hauptstadt Taipeh mit ihrer Vielzahl an Sehenswürdigkeiten und grandiosen Landschaften. Auch wenn die Stadt und das Land an sich in allen Kategorien bei uns punkteten, bereitete uns der geplante Kick im Vorfeld Kopfzerbrechen. Denn eine seltsamere Liga als die taiwanesische Premier League kam mir bis heute noch nicht unter.

Die ist übrigens mit ihren ganzen acht Teams die einzige, nennen wir es mal professionelle Liga im gesamten Land. Ehrlich, selbst auf eine zweite Liga deutet nichts hin. Die acht Teams spielen dann drei Mal gegeneinander, was zu 21 Spieltagen führt, was wiederum aber auch nicht als „Spieltage“ zählt und daher sowas wie ein Heimrecht nicht greift. Verwirrt genug? Beispiel an unserem Wochenende: Die eigentlich aus der Hauptstadt Taipeh stammenden Taicheng Lions sollten an diesem Tag laut Verband ein „Heimspiel“ haben, was allerdings in Taichung, einer Stadt in der Mitte Taiwans ausgetragen wurde. Dafür trug Tainan City (wer kurz Google Maps bemüht, wir feststellen, dass die Stadt im tiefen Süden der Insel liegt) an diesem Wochenende sein Heimspiel wiederum in Taipeh aus.

Falls sich der Verband irgendwann einmal fragt, wie er das Interesse am schwach besuchten lokalen Fussball irgendwie steigern könnte, hätte ich direkt mal einen Lösungsvorschlag: Spielt zu Hause verdammt! Lokale Identität? Schonmal gehört? Nein?… Na gut, dafür spielen sie doch hoffentlich im großen Stadion, oder? Nope. Als ich wenige Wochen vor Abflug die Terminierungen überflog (welche, so viel zu Gute, zumindest für den Rest der Saison zeitgenau angesetzt wurden) dachte ich, das sei ein schlechter Scherz. An einer Uni soll gespielt werden?

Erste Bilder im Netz zeigten einen Rasenplatz mit ohne Alles, andere zumindest eine Tribüne. Na ja, aber Hauptsache die Kugel rollt. Dabei fand man heraus, dass in diesem Jahr alle Spiele in den gleichen drei Stadien ausgetragen werden sollen. Vor ein paar Jahren waren es noch alle vier Partien an einem Tag hintereinander in einem Stadion, jetzt zumindest etwas verteilt. Vielleicht ein kleines Zeichen der Besserung?

So vergingen die Tage bis zur Reise, die in Frankfurt startete und uns über Hong Kong nach Taipeh führte. Den ersten Tag noch durchgefuttert und ordentlich Sightseeing betrieben, hieß es sonntags dann: Match Day! Dafür ging’s bei subtropischen Temperaturen mit der Metro aus der Innenstadt in die äußersten Ausläufer New Taipeh Citys. Angekommen an der Fu Jen Catholic University, bzw. der gleichnamigen Station, führte uns der erste Weg in einen Supermarkt zwecks Getränkebeschaffung. Weise Entscheidung, wie sich wenig später herausstellte. Anschließend durchquerte man per Pedes die wie ausgestorben wirkende Uni auf dem Weg zum Stadion, wobei man gefühlt den Liter Wasser auch wieder ausdampfte. Ehrlich, Südostasien im August ist nicht immer die beste Entscheidung.

Nach einigen Minuten erreichte man schließlich die Anlage, die mit einem überdimensionierten, roten Kreuz grüßte. Da muss man sich ja quasi benehmen. Dahinter noch die Aussicht auf die Uni-Klinik und ein grünes Panorama des Stadtrandes. Der erste Blick auf die große, gelbe Tribüne war dann aber doch vielversprechend. Schnell hinein also, ein Ticket ziehen und sich vielleicht etwas am Verpflegungsstand laben. Sollte ja, wie immer in diesen Hemisphären, eine nette Auswahl an lokalen Köstlichkeiten geben. Ach, wie gerne hätte ich hier nur Erfolg vermeldet.

Harte Realität: Offene Tore und natürlich keine Tickets, noch nicht einmal Kontrollen. Schlimmer: Noch nicht mal Wasser gabs zu Kaufen. Nichts! Rückblickend war die vorher erworbene Flasche in der vollen Sonne ohne schattiges Plätzchen überlebensnotwenig. Mehr als etwa 100 Schaulustige zog der Bums aber eh nicht an, was die völlige Abstinenz von auch nur irgendeiner kommerziellen Vermarktung dann wiederum schnell erklärte.

Was soll’s, immerhin mit dem Stadion freundete man sich recht schnell an. Glücklicherweise wurde Selbiges für die Universiade 2017 (Weltsportspiele der Studenten) deutlich ausgebaut. So erstreckten sich 16 gelbe Sitzreihen zu unseren Füßen, während ein Mini-Dach in der Mitte der Tribüne vielleicht drei Reihen überspannte. Für die gute Bauqualität sprach dabei auch schon der Rost an allen Sitzen. Respekt, und das bei einem Alter von 2 Jahren! Trotzdem ein recht massives und schickes Teil, sowohl beim Anblick von unten als auch von der obersten Sitzreihe aus.

Sonst bietet die Anlage wenig und verfügt über keinen weiteren Ausbau. Die acht Laufbahnen erhöhen dabei noch die Distanz zum gepflegten Grün, während man immerhin nach einiger Zeit den Taipei 101 im Stadtpanorama erspähte. Wäre man bei den Temperaturen nicht geschmolzen, hätte man es unterm Strich bei gezügelter Erwartungshaltung doch ganz gut aushalten können.

Bei den knapp 100 anwesenden Nasen bestand demnach das einzige Tifo aus Luftwedlern oder was man sonst zu greifen bekam, um die schwüle Suppe wenigstens etwas um sich herum in Wallung zu bringen. Ein paar Kids gaben gegen Ende noch ein paar kurze Anfeuerungsrufe zum Besten, das wars aber auch schon. Auf zwei bunten Zaunfahnen waren dabei noch Erfolgsbekundungen der jeweiligen Mutter eines Spielers zu lesen.

Auf dem Platz dann unser nächstes Problem: Wer ist eigentlich wer? Auf dem Papier spielten der Drittplatzierte aus Tainan City gegen den Ersten und, seit der in 2017 neugegründeten Premier League, aktuellen Rekordmeister (2 Titel aus 2 Jahren, insgesamt 6 Titel seit der Gründung 1969 als Werksmannschaft des gleichnamigen Elektronikkonzerns) Tatung FC. Ein Spitzenspiel um die Meisterschaft und den Einzug in den AFC Cup (Pendant zur Europa League). Doch selbst nach einigem Rätselraten wurde man sich nicht einig, wer denn nun Tatung und wer nun Tainan City ist. Man wird es schon noch am Ergebnis erkennen, so der Gedanke.

So verfolgte man den Kick und sah ein 1:0 nach wenigen Sekunden und schien sich einig: Das müssen wohl die Tabellenführer gewesen sein. Einen schicken Treffer zum Ausgleich und die erneute Führung zum 2:1 sollte es noch geben, dann war auch schon Pause. Selbige nutzen viele der Anwesenden und verliesen das Stadion, um sich im einige hundert Meter entfernten Supermarkt mit Getränken und dem Mittagessen einzudecken.

Bevor der zweite Durchgang startete, machte die Anzeigetafel unsere Verwirrung vollkommen und wechselte von 2:1 auf 1:2. Leitete man sich zuvor das führende Team noch an der bei uns gängigen Regel her (Heimteam auf der Anzeigetafel immer links, was Rückblickend ja auch wiederum schwachsinnig gewesen war, weil es ja ein „Heimspiel“ für Taichung war… wir waren verwirrt.), war man mit dem Rätselraten nun wieder am Anfang angelangt. Die Anzeigetafel zeigt wohl einfach nur den Spielstand für das jeweilige Team auf deren Seite an. Erneuter Beweis dafür: Heimspiele gibt es hier nicht.

Wie auch immer, im zweiten Durchgang netzte die führende Mannschaft weitere zwei Mal und entschied den Kick letztlich mit 4:1 für sich. Die Spielqualität war dabei übrigens recht ordentlich, wenn auch, von der Hitze geprägt, gegen Ende hin etwas langsamer. Nicht allzu schlecht also.

Der Schlusspfiff erlöste unsere mittlerweile ausgetrockneten Körper schließlich, weshalb man die Beine in die Hand nahm und die Uni erneut durchquerte. Am vorher schon besuchten Supermarkt wieder aufgetankt, ging es im Anschluss per Metro wieder in die Stadt, wo man sich abends am lokalen Grillgut labte und sich mit ein paar Bierchen überm Durst die Erhellung in Sachen taiwanesischem Fussball erhoffte. Klappte nicht, dafür ließ der komatöse Tiefschlaf wenigstens die Strapazen vergessen machen.

Bis auf den Fussball muss ich auch weiterhin sagen: Taiwan ist als Land eine Reise wert! Vielleicht versucht man es auch noch einmal. Dann aber zumindest mit dem Nationalstadion.

Hier gibt’s weitere Bilder!

Randnotiz: Eine Woche nach Wiederankunft in Deutschland fand man heraus, dass Tainan City als Sieger vom Platz ging und mit dem 4:1 Tatung die erste Saisonniederlage zufügte. Ein wahrer Underdog Sieg, und keiner hat’s gemerkt…