3. Liga: Chemnitzer FC – SV Waldhof Mannheim

21.07.2019
1. Spieltag 3. Liga
Chemnitzer FC - SV Waldhof Mannheim
Stadion an der Gellertstraße
Endergebnis: 1:1 (0:1)
Zuschauer: 7.381 (ca. 1.000 Gäste)
Fotoalbum

Der Auftakt der dritten Liga warf schon lange seine Schatten voraus, verhieß er doch die ersten schmackhaften Partien mit guter Atmosphäre, die man mittlerweile doch arg vermisste. Da helfen weder die Testspiele in schicken Buden noch die ersten Ligaspiele im Amateurfussball. Diesem „Entzug“ sei Dank fasste man recht spontan den Entschluss, diesen Kick zu besuchen. Ist von Frankfurt zwar ne ganze Ecke (gut 400 Kilometer um genau zu sein), doch die Aussicht auf ein Knallerspiel samt neuem Ground war einfach zu verlockend.

Zudem saß der Stachel aus dem Jahr 2013 noch tief, in dem man die damalige Fischerwiese eigentlich kreuzen wollte. Am Ende blieb Chemnitz Auswärts eines von nur zwei Spielen, welches man in der gesamten Elversberger Drittligasaison nicht zu Gesicht bekam (Das andere war übrigens Rostock Auswärts). Das Stadion hat sich nun stark verändert, die Ligazusammensetzung ebenso. Der wiederaufgestiegene CFC bekam es gleich am ersten Spieltag mit Waldhof Mannheim zu tun, in denen manch Beobachter einen ernsthaften Konkurrenten für die Größten der Welt aus Magdeburg in Sachen Stimmung sieht.

Um mal nicht gleich so dick aufzutragen, wusste man dennoch dank der schon häufig besuchten Spiele der Blau-Schwarzen um deren Lechzen nach der dritten Liga Bescheid und freute sich auf einen ersten Auftritt rund um UM und co. Wie das wohl wird, so beim ersten Spiel? Die Gedanken kreisten, der Entschluss war längst gefasst. Mit den online bestellten Tickets in der Hand und der Kamera im Gepäck hieß es sonntags daher: Auf nach Chemnitz!

Über leere Autobahnen und vorbei an unzähligen Wandgemälden (nebst Frankfurt glänzt vor allem Erfurt an der A4, und das mal so richtig!) erreichte man den vorher ausgemachten Parkplatz in der Nähe des Chemnitzer Schlosssees und drehte anschließend eine kleine Runde durch die Stadt. Extrem viel Zeit für Sightseeing blieb leider nicht, weshalb man lediglich der großen Karl-Marx-Statue der ehemals nach seinem Namen benannten Stadt ein paar Minuten Umweg einräumte. Dürfte aber auch so ziemlich das Sehenswerteste der Stadt gewesen sein, über die man ehrlicherweise im Netz aber auch nicht sooo viel liest. Ist eben nicht wirklich eine Touri-Stadt. Dafür bestaunte man Bauruinen und Leerstände en masse, die wie auch andernorts im Osten und im Ruhrgebiet das Stadtbild prägen.

Da die Zeit recht knapp bemessen war, ging’s nun zügig zur Gellertstraße, wo man sich an den unglaublich langen Schlangen der wenigen geöffneten Ticketschalter vorbeischlängelte und letztlich in wenigen Minuten durch die Kontrollen rutschte, die man an dem Tag beileibe nicht als Kontrollen bezeichnen konnte. Der Besuch der Futterbude musste aus Zeitmangel in die Halbzeitpause verschoben werden, wo die kalten Schnitzelbrötchen zu je vier Euro und eine 0,4l Cola mit drei Taler zu Buche schlugen. Standardpreise eben.

Eine viertel Stunde vor Anpfiff betrat man schließlich den Block 2 auf der Gegengerade in direkter Sichtweite des Gästeblocks und lies sich zunächst auf den gebuchten Sitzen in der letzten Reihe nieder. Die Sicht war top, dennoch entschied man sich für den unmittelbar hinter der letzten Reihe möglichen Steher. Vier Stunden Fahrt gehen eben auch nicht spurlos am Gesäß vorbei.

Die Blicke schweiften nun durch den Neubau, den man getrost als eine typische Bude „von der Stange“ bezeichnen kann, was jetzt nicht nur Negativ gemeint ist. Klar hätte man gerne auch die alten Stufen vor einigen Jahren zu Gesicht bekommen, allerdings ist auch das neue Rund recht nett anzuschauen. Aus einem Guss eben, mit hellblauen Sitzen und ohne große Schnörkel. Die vier freistehenden Tribünen erinnerten dabei etwas an das ebenfalls neue Stadion in Essen, allerdings in einer Nummer kleiner. Insgesamt ein neues, gar nicht mal so hässliches und vor allem reines Fussballstadion eben, was nicht unbedingt einen Innovationspreis für besondere Schönheit gewinnt, seinem Zweck der Stimmungsförderung allerdings mehr als dienlich erscheint.

Die erste Kostprobe lieferte da schonmal die Heimkurve, die mit einer schicken Zaunbeflaggung überzeugte, auf sonstiges Tifo (bis auf einige Schwenker im unteren Bereich) aber größtenteils verzichtete. Nach einem anfänglichen, geschlossenen Schalintro legte der Block auf durchweg bekannte Melodien gut los, erhielt durch den Spielverlauf aber noch im ersten Durchgang einen kleinen Dämpfer.

Spätestens die zweite Hälfte zeigte aber, was in der durch die Ultras Chemnitz dirigierten Kurve so alles steckt. Vor allem das durch Liverpool und andere Clubs verbreitete „Allez Allez Allez“ schepperte ordentlich, wurde teils vom gesamten Stadion getragen und brachte die Fischerwiese zum Beben. Auch die späteren Schlachtrufe und Wechselgesänge überzeugten auf ganzer Linie. Definitiv ein guter Auftritt!

Und die Gäste? Klar, da war die Situation gegenüber des nur einem Jahr in der Regionalliga beheimateten CFC eine gänzlich andere. 16 lange Jahre mussten die Blau-Schwarzen auf die Rückkehr in den Profifussball warten. Und das sah man dem Anhang in jeder Sekunde des Spiels am sonnigen Nachmittag an. Doch zunächst gabs wohl etwas Trouble am Einlass, als der erst zum Anpfiff eintreffende Haufen rund um UM99 wohl ein paar Probleme mit den mitgebrachten Fahnen und Choreomaterialen bekam. So erfolgte kurze Zeit später ein augenscheinlicher Blocksturm, bei dem Zaunfahnen als auch Säcke mit Material durch die Mundlöcher in den Block flogen.

Die Aufregung legte sich zum Glück schnell wieder und die aktive Szene begann mit dem Aufhängen der Fahnen am, aus Platzgründen, alternativen Standort im Nebenblock, während die restlichen Waldhöfer im Stehbereich wie schon zuvor ihr lautstarkes Liedgut von sich gaben. Was später durch die Koordination erfolgte, war einer der besten jemals erlebten Auswärtsauftritte der Mannheimer überhaupt. Bockstark, laut, fast schon brachial. Dazu eine nahezu konstant maximale Mitmachquote, die von der ersten bis zur letzten Reihe jeden der Anwesenden einspannte.

Spätestens beim Führungstreffer brachen alle Dämme und eine minutenlange Eskalation samt freien Ober- und Unterkörper nahm ihren Lauf. Zu Beginn des zweiten Durchgangs zeigte der durch Freunde der Sups Worms und UF97 unterstützte Haufen noch eine schicke Choreo bestehend aus blauen und schwarzen Folienschals und einem gesprühten „Unbreakable“ Transpi, die zwar einige Lücken aufwies (geschätzt 1.000 Leute im 1.600er Block), insgesamt aber ebenfalls gefiel. Unglaublich geiler Auftritt, muss ich einfach so sagen.

 

Aus rein sportlicher Sicht standen sich zwei Aufsteiger gegenüber, die ihren Platz in der Liga in den ersten Wochen noch bestimmen müssen. Dafür war das gesehene allerdings schonmal nicht schlecht, wobei in Halbzeit eins vor allem Mannheim (und die Ex-Elversberger Kevin Koffi und Maurice Deville) überzeugte, während in Halbzeit zwei Chemnitz am Drücker war. Entsprechend auch die Verteilung der Tore sowie spiegelbildlich die Stimmhoheit auf den Rängen. Als neutraler Beobachter konnte man zudem den Frust des himmelblauen Anhangs gegenüber dem Unparteiischen verstehen, der sich an dem Tag wohl eher für den dunkleren Farbton entschied und entsprechend recht einseitig handelte.

Das Unentschieden ging am Ende dennoch vollkommen in Ordnung, eben aufgrund der jeweiligen Halbzeiten. Nach Spielschluss ging’s zügig per Pedes wieder gen Auto und auf die vierstündige Heimreise, die ohne besondere Vorkommnisse abgespult werden konnte.

Hier gibt’s weitere Bilder!

Was bleibt ist die abermalige Erkenntnis, dass der SV Waldhof eine absolute Bereicherung für die dritte Liga darstellt und fantechnisch endlich da angekommen ist, wo er hingehört. Und auch Chemnitz braucht sich in Sachen Sangeskraft nicht vor anderen Ostvereinen zu verstecken und konnte, wenn auch erst zum zweiten Mal gesehen, an diesem Tag überzeugen.