13.04.2019
29. Spieltag Regionalliga Südwest
SV Elversberg - 1.FC Saarbrücken
Waldstadion an der Kaiserlinde
Endergebnis: 4:3 (4:3)
Zuschauer: 3.413 (ca. 2.000 Gäste)
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Was für ein Spiel! Die Frage nach dem Warum verflog von Minute zu Minute, ebenso wie der am Vorabend angetrunkene Kater. Solch Emotionen in dieser Saison… hätte ich nicht mehr für möglich gehalten. Aber von Anfang.
Dass man sich den Kracher zu Hause gegen Saarbrücken geben wollte, stand quasi schon von Beginn an außer Frage. Auch unter den aktuellen Voraussetzungen, sprich einer gelaufenen Saison für beide Saarvereine, geht bei diesem Kick ja meistens einiges, auch wenn es vielleicht „nur“ auf den alljährlichen Zuschauerrekord an der Kaiserlinde hinausläuft. Zu diesem Zeitpunkt hatte man die Rechnung allerdings noch ohne den Vorabend gemacht, an dem eine recht spontan angesetzte Kneipentour mit den neuen Kollegen in einigen Getränken über dem Durst endete.
Dass dies keine so gute Idee war, bemerkte man beim sehr frühen Aufstehen am Samstagmorgen. Schwer wie Blei schälte man sich irgendwie aus den Federn und rein ins Auto, mit dem man sich durch plötzliches Schneegestöber gen Saarland kämpfte. Passenderweise stand genau am gleichen Tag auch noch der Wechsel auf Sommerreifen auf dem Plan. Kannste dir nicht ausdenken. Im nahen Schnellrestaurant mit dem goldenen M schob man sich noch schnell etwas zwischen die Zähne, ehe es weiter gen Elversberg ging.
Per Pedes stapfte man den altbekannten Weg nach oben, zog die wie immer günstigen Tickets für den C1 und begutachtete eine gute halbe Stunde vor Anpfiff die fast schon erschreckend leeren Ränge. Etwas mehr sollten dann schon noch kommen, doch die letztlich 3.413 Nasen waren vielleicht gerade mal die Hälfte der sonst üblichen Zuschauermengen in diesem Spiel. Vielleicht kam das kalte Wetter für viele überraschend, wobei es gen Anpfiff hin zum Glück sogar nochmal etwas auflockerte und man ab und an ein paar Sonnenstrahlen abbekam.
Die wahrscheinlichste Ursache lag indes im abermaligen Duell der enttäuschten. Elversberg verspielte eine womöglich gute Saison auf der Bank, während Saarbrücken mit den bockstarken Waldhöfern einfach in keiner Phase der Saison so wirklich mithalten konnte. Mit dem letztlich abgewandten Punkteabzug der Mannheimer erlosch auch von dieser Seite der letzte Funke Hoffnung des FCS auf die Meisterschaft. Von Platz Zwei kann man sich ja bekanntlich ab dieser Saison nichts mehr kaufen. Sollte die gleiche Begegnung, wovon Stand jetzt mit nicht allzu geringer Wahrscheinlichkeit auszugehen ist, nochmal im Finale des Saarlandpokals im Mai stattfinden, wird wohl wieder mehr los sein. Aber zurück zum hier und jetzt.
Der Gästeblock zeigte sich entsprechend nicht ganz gefüllt, konnte aber mit einem schicken Zaun und ebenso nett anzusehenden Fahnenintro überzeugen. Die Gesänge auf die durchweg melodischen Lieder waren bekannt und wussten wie immer zu gefallen, während insbesondere bei Wechselgesängen das ein oder andere Mal mehr als die Hälfte des Stadions mitgenommen werden konnte. Geiler Auftritt, ohne Frage, wenn auch ein gutes Stück von vergangenen Spielen an gleicher Stelle entfernt. Spruchbänder gabs ebenso, wenn auch eher politischer Natur: „Egal ob Erschd, Zwett, oder Jugend – Antirassismus ist eine Blau Schwarze Tugend!“ und „Bullen Klaus: Tun Sie den Leuten einen Gefallen – Rücktritt jetzt!“.
Auf der Heimseite war das optische Highlight eine lange für verschollen gehaltene Zaunfahne, die seit etlichen Jahren wieder an ihrem Platz hang. Die schwarz-weiße Fahne mit der neongelben Aufschrift „Fanclub Lindenfamily SV 07 Elversberg“ hat locker dreißig Jahre auf dem Buckel und steht für die Anfänge einer, nennen wir es mal vorsichtig, organisierten Fanszene in Elversberg. Das war es allerdings schon mit optischen Punkten aus dem Heimbereich, der an diesem Tag eher auf die Akustik setzte.
Im Verhältnis zur bisherigen Saisonleistung des sangeswilligen Anhangs ging an diesem Tag auch echt einiges, wobei insbesondere die hohe Mitmachquote im Gesamten positiv stimmte. Viele Gesänge wurden dadurch länger und konstanter getragen, bekannte Lieder schepperten gut und die Wechselgesänge mit dem C2 hatten es ab und an in sich. Die typischen Ausreißer nach Oben und nach Unten blieben dennoch treu erhalten. Alles in allem ein verhältnismäßig starker Auftritt, der natürlich auch vom Spielverlauf befeuert wurde.
Und sportlich… joa, was war denn da los? Für besonders viele Treffer ist dieses Duell nun wirklich nicht bekannt, zumal mindestens eine der beiden Mannschaften zwangsweise sehr auf Sicherheit spielen musste. Nicht so an diesem Tag, an dem die Defensivstrukturen einfach mal in der Kabine vergessen wurden und die jeweiligen Offensiven auftrumpften. Die Hausherren starteten entsprechend stark in die Partie, gerieten jedoch durch einen berechtigten Elfmeter früh in Rückstand. Dieser konnte keine fünf Minuten später durch einen erneuten Strafstoß, ausgeführt von Manuel Feil, korrigiert werden.
Nun blies die Elversberger Mannschaft zum Frontalangriff und netzte binnen drei Minuten jeweils durch Suero zum 3:1. Die Euphorie war da, der Glaube an eine Demontage einer zeitweise stark demoralisiert wirkenden Saarbrücker Mannschaft ebenso. Doch die kamen in der 30. Minute aus dem Nichts zum Anschlusstreffer und wenig später sogar zum Ausgleich. 3:3 in der 36. Minute, was ging denn hier ab? Dem nicht genug, bugsierte Kevin Koffi kurz vor der Pause auch noch einen Nachschuss über die Linie zur erneuten Führung. 4:3 lautete somit der Halbzeitstand… sowie der Endstand, denn der zweite Durchgang blieb zwar spannend, allerdings auch torlos.
Der Sieg wurde mit einigem Zittern über die Zeit gebracht, die Freude bei Spielern und Anhang war danach einfach nur gigantisch. Klar, es ging um gar nichts mehr, aber dennoch erfreute man sich an einem solch großartigen Kick einfach ungemein.
Dieser ist sogar ein kleiner Eintrag in die regionalen Geschichtsbücher wert, denn sieben Tore fielen in einer Ligabegegnung zwischen beiden Mannschaften noch nie. Der bisherige Höchststand datiert vom 7. August 2009, als die SVE im Neunkircher Ellenfeld die damals frisch aufgestiegenen Hauptstädter (und ironischerweise späteren Meister) mit einem 6:0 in die Schranken wies. Aber das nur so am Rande.