15.09.2018 9. Spieltag Regionalliga Südwest SV Elversberg - SC Hessen Dreieich Waldstadion an der Kaiserlinde Endergebnis: 4:3 (2:2) Zuschauer: 687 (18 Gäste) Fotoalbum
Im Zuge der desaströsen sportlichen Gesamtsituation der SVE stellte das Duell gegen den Tabellenletzten aus Dreieich am neunten Spieltag schon ein richtungsweisendes Spiel für den restlichen Saisonverlauf dar. Gewinnt die SVE, verschafft sie sich wieder ein wenig Luft im Tabellenkeller. Geht auch dieses Spiel verloren, so stünden wohl spätestens jetzt alle Anzeichen auf Abstiegskampf. Ein sportliches Terrain, das mal so gar nicht ins allgemeine Konzept der Schwarz-Weißen passt.
Entsprechend verhalten gestalteten sich Stimmung und Motivation vor der Partie, was sich mal wieder im unterdurchschnittlichen Zuschauerandrang bemerkbar machte. Begrüßte man in den Vorjahren noch gut 1.400 Schaulustige zu Spielen ohne großen Gegner auf den Rängen, halbierte sich die Zahl der aktuellen Interessenten. Schade, aber auch das ist man an der Kaiserlinde leider gewohnt. Überraschenderweise reisten sogar einige Gästefans an, und zwar genau 18 an der Zahl. Mit im Gepäck hatten sie zwei rot-weiße Zaunfahnen mit Vereinsabkürzung, respektive Erinnerung an die erste Regionalligasaison des noch jungen Vereins, zwei Schwenkfahnen mit Vereinslogo und eine Kuhglocke. Dazu gabs hier und da mal ein kurzes Lied.
Schon verwunderlich, hat der im Juni 2013 gegründete Verein eigentlich einen gar nicht mal so guten Ruf, wenn man dem Netz Glauben schenken mag. So formte sich der SCHD aus insgesamt sieben Vorgängervereinen und basiert auf der immensen finanziellen Förderung durch den Eigentümer der Fluggesellschaft Hahn Air Lines Hans Nolte. Diese Vereine wurden mit großen Versprechungen in Form von Zuschüssen aus dem Sponsorenpool zur Fusion gelockt. Doch aus der rosigen Zukunft wurden Erpressungsversuche seitens des neugegründeten Sportclubs, der zudem Jugendspieler anderer Vereine aggressiv abwarb. Kaum verwunderlich, dass Dreieich in der Folge aus der Verbandsliga recht schnell in die Regionalliga aufstieg. Geld regiert eben leider die Welt, insbesondere im Fussball. Wie viel vom Gesagten dabei aber zu einhundert Prozent der Wahrheit entspricht, bleibt wohl für immer im Verborgenen.
Im Heimbereich begleitete eine Kleider- und Geldspendensammlung den Spieltag, der einer durch einen Hausbrand betroffenen Spielerin von Borussia Neunkirchen zu Gute kommt. Der Spielsupport der aktiven Fans im C1 wollte zunächst nicht so richtig aufkommen, ehe, vom verrückten Verlauf geprägt, fast die gesamte restliche Spielzeit mal ironische, mal normale Gesänge die Linde durchschallten. Für die in letzter Zeit wieder stark rückläufige Zahl Sangeslustiger dennoch ein recht ordentlicher Auftritt, die an diesem Tag mit einigen spontan gedichteten Liedern gegen den Trainer für etliche Lacher und Applaus der restlichen Zuschauer sorgten. Machte mal wieder Spaß und Lust auf mehr.
Sportlich gings hoch her, wie schon eben einmal angeklungen. Allerdings zunächst nicht im Sinne der Hausherren, denn nach nicht mal einer viertel Stunde führte der vermeintliche Außenseiter aus Hessen. Wenige Minuten später landete ein weiterer Ball im Netz, der durch einen Elversberger Defensivmann zuvor unglücklich abgefälscht wurde. Zu diesem Zeitpunkt mal wieder nicht zu fassen, wie die gar nicht mal so starken Gäste aus zwei Chancen zwei Treffer kreierten, während aus den tausenden Offensivaktionen der SVE nichts außer Abstöße resultierten. Bezeichnenderweise war es ein Eigentor in der 35. Minute, welches Elversberg wieder in die Spur brachte. Ein Foulelfmeter kurz vor der Halbzeit brachte das 2:2 und lies wieder sowas wie Hoffnung aufkommen.
Die war im zweiten Durchgang jedoch nur von kurzer Dauer, denn in der 55. Minute erzielte Dreieich schon wieder einen Treffer. Doch auch dadurch ließ sich die SVE nicht beirren, warf alles nach Vorne und kam in der 74. Spielminute durch Koffi endlich zum ersten Stürmertor in der Saison. Lauter Jubel beim zuletzt mehr als unglücklichen Spieler mitinbegriffen. Jetzt drückten die Hausherren auf Sieg, während Dreieich quasi mit elf Mann auf der Grundlinie stand und auf eventuelle Konter spekulierte. Die gab es dann auch, doch konnte die Hintermannschaft der Saarländer gefährliche Situationen ein ums andere Mal um Haaresbreite wieder entschärfen.
Als sich schon alle mit dem torreichen Unentschieden gegen das Schlusslicht mehr schlecht als recht abgefunden hatten, passierte es plötzlich. Aus dem Nichts. Nach einer Ecke in der 94. Minute stand Elversbergs Luca Dürholtz goldrichtig und verwandelte mit dem Schlusspfiff zum 4:3 Heimsieg. Wahnsinn! Die Mannschaft kämpfte bis zur letzten Sekunde, glaubte an sich und erzielte den bis dato wichtigsten Treffer der Saison. Der Jubel auf den Rängen kannte keine Grenzen mehr, es war vollbracht. Der zweite Sieg in Folge, dazu vier Tore in einem Spiel, eines davon von einem Stürmer. Hui, geht’s da auf einmal wieder bergauf?
So groß die spontane Freude, so schnell erreichte man wieder den Boden der Tatsachen. Wie kann man sich mit einer solch qualitativ hochwertigen Mannschaft gegen tief stehende Gäste so schwer tun? Dazu noch drei Dinger fangen? Planlose Pässe in die Offensive und teils offene Scheunentore in den Abwehrreihen machen den aktuellen Fussball der SVE zum Drahtseilakt. Doch dann wären da wieder der Wille und der Kampfgeist, es doch irgendwie rumzubiegen. Einen Rückstand zu drehen ist etwas, was man als jemand, der es mit Elversberg hält, eh nur alle Jubeljahre zu Gesicht bekommt. Aber sogar einen Zwei-Tore-Rückstand aufzuholen… kann ich mich jetzt spontan nicht mehr erinnern, wann sowas mal passierte. Charakterlich passt die Truppe demnach gut zusammen und auch die Einstellung liefert wenig Grund zum Meckern, zumindest in den letzten paar Partien.
Warum aber die erfolgreiche Aufstellung aus der Vorwoche wieder komplett verworfen wurde, ist die andere Frage. Da werden eingespielte Ketten und Gruppen auseinandergerissen, obwohl es augenscheinlich im vorherigen Spiel perfekt harmonierte. Und daraus resultiert dann immer wieder der Schlendrian, der den Gegner in der Anfangsviertelstunde zum munteren Toreschießen einlädt. Aber was weiß ich schon, ich bin ja immerhin kein Trainer.
Sollten sich die noch verbliebenen Baustellen in der Offensive als auch in der Defensive auflösen, denke ich, dass man mit der Mannschaft in dieser Spielzeit doch noch Spaß haben kann. Und auch so… ich mein, wann sieht man mal ein 4:3 in der vierten Liga?