On Tour 2017: Seoul

Planlos durch die Stadt

Schon weit vor den Planungen der Kurztrips nach Macau und China suchte man sich für die Reise nach Asien eine weitere interessante Destination, in der man zwischen einer halben und einer Woche verbringen wollte. Nach Japan im Frühling desselben Jahres lag die Messlatte in Sachen Länderpunkt schonmal hoch, die es im besten Falle zu toppen galt. Unter Berücksichtigung finanzierbarer Flüge, was sich in Asien definitiv nicht so leicht wie in Europa gestaltet, schränkte man die Auswahl zunächst auf Taiwan und Thailand ein. Ersteres punktet mit verhältnismäßig großen Stadien, während Option zwei aus Fansicht die interessantere Alternative darstellte.

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Die Wahl fiel jedoch letztendlich, was man unschwer an der Überschrift erkennen kann, auf Südkorea. Im Endeffekt weis ich selbst nicht mehr, wie oder wann es dazu kam, doch ein günstiges Angebot der Billigflugairline HK Express machte den Ausschlag. Denn: Nach Taiwan oder Thailand fliegt man von Hong Kong aus eigentlich immer recht günstig, während die Preise für Korea und Japan normalerweise locker im dreistelligen Bereich liegen. Aufgrund der günstigen Anbindung sprang ein Aufenthalt über volle vier Tage und drei Nächte heraus, was sowohl eine frühmorgendliche Anreise als auch eine Abreise in der Nacht vorsah. Mehr als genug Zeit also, um sich der Südkoreanischen Hauptstadt Seoul zu widmen und noch ein wenig Fussball mitzunehmen.

Da die Spielpläne zu diesem Zeitpunkt schon veröffentlicht waren, wusste man früh, dass es zwar nur eine Partie werden sollte, diese aber beim designierten Fankrösus Suwon stattfand. Konnte man sich mit anfreunden. In Sachen Sightseeing und allgemeinem kulturellen Programm machte man indes zum ersten Mal keinen wirklichen Plan, zumal Seoul eher spärlich mit Ausflugszielen übersäht ist und man eher an der lokalen Straßenkultur und dem kulinarischen Programm Interesse hegte. Ein wenig Ungezwungenheit muss dann auch mal sein.

Los gings an einem Montag direkt nach Rückankunft aus Guangzhou, was die vorhandene Schlafenszeit schonmal massiv beeinträchtigte. Um kurz vor Mitternacht noch die letzten Sachen gepackt, scheuchte uns schon um vier Uhr der schrille Alarmton aus den Federn. Ein Preis, den man durch frühe Flüge leider zahlen muss. Dank der Eigenschaft als Langschläfer spülte man die Müdigkeit mehr schlecht als recht mit einer halben Kanne Kaffee hinunter, ehe gegen halb sechs das Gefährt beladen wurde. Per Mitfahrgelegenheit gings auf die kurze Strecke zum Hongkonger Flughafen, an welchem man zum ersten Mal das Terminal zwei betrat… an sich eigentlich nur ein Anbau des T1 für Billigairlines, denn einen separaten Eingang zu den Gates suchte man vergebens.

Dank völliger Abstinenz gleichgesinnter Frühaufsteher gings fix durch die Kontrollen und per Zug zum Flieger, der als einer der ersten des Tages um 7:25 Uhr starten sollte. Die Maschine an sich (A321), die außen wie innen ganz in der Firmenfarbe Lila gehalten wurde, könnte so auch im Fuhrpark der irischen Harfe stehen. Entsprechend spartanisch die Inneneinrichtung sowie fehlende kostenlose Verpflegung mitinbegriffen. Daher verbrachte man ein Großteil der dreieinhalb Stunden Flugzeit mit den mitgebrachten Reiselektüren, deren literarisch großartige Ausflüge auf den Balkan in einem Atemzug verschlungen wurden.

Dank Fensterplatz und gutem Wetter konnten im Landeanflug auch erste Blicke auf den mysteriösen Norden des Landes geworfen werden, der, von hoch oben betrachtet, nur einen Steinwurf von der südlichen Hauptstadt entfernt beginnt. Hatte ich vorher auch nicht wirklich auf dem Schirm, dass sogar manch Stadtteil der Metropole nur wenige Kilometer vor der demilitarisierten Zone endet. Wenige Minuten später musste man sich vom Höhenpanorama verabschieden, denn die Räder berührten koreanischen Boden. Leider zog sich die Passabfertigung in der Folge etwas länger, sodass man Kofferlos (Dank Billigflieger und nur drei Nächten reichte ein Rucksack) eine knappe halbe Stunde später als geplant von dannen zog.

Die langen Korridore des Incheon Airports durchstreifend gings im Anschluss zur Haltestelle der Metro. Doch zuvor wollten noch die Fahrkarten erworben werden. Ähnlich wie in anderen asiatischen Ländern regiert auch hier ein einfaches Kartensystem, genannt T-Money, dessen Scheckkarten an zahlreichen Automaten immer wieder aufgeladen werden können. Hat natürlich ein Gutes in Form der Zeitersparnis, da man sich so nicht an den überwiegend nur in koreanischer Sprache ausgestatteten Ticketautomaten für jede Fahrt aufs Neue anstellen muss.

Mit dem Airportexpress gings in der Folge eine gute Stunde über die beworbenen 58 Kilometer ins Zentrum von Seoul. Während der Fahrt schwirrte eine schicke grüne Landschaft und der bekannte Han Fluss am Fenster vorbei, während lediglich kurze Lautsprecheransagen mit beruhigenden Melodien die Idylle unterbrachen. Zur eigenen Erleichterung ertönten zudem die englischen Namen jeder Station vor der Anfahrt, was ein penibles Studieren der Hangul-Zeichen glücklicherweise überflüssig machte.

Und auch die werbewirksamen Videos auf zahlreichen Monitoren wurden englisch Untertitelt, die quasi in Dauerschleife von der Rückgewinnung der Souveränität über eine kleine Insel handelten, die zuvor noch von Japan beansprucht wurde. Das stark verbreitete nationale Gedankengut im ehemals während des zweiten Weltkriegs besetzten Land wurde hier schonmal allen ankommenden Besuchern rigoros präsentiert, wobei selbst an fragwürdiger Rhetorik nicht gespart wurde. Glücklicherweise schlägt sich dies jedoch eher weniger im Alltag wieder, denn das Verhältnis der beiden Länder kann spätestens seit der gemeinsam ausgetragenen WM als gut bezeichnet werden. Einige Querköpfe gibt’s halt eben immer und überall…

Bei blauem Himmel und sonnigen 25° erreichten wir den Hauptbahnhof der Hauptstadt, an dessen Knotenpunkt zu einer anderen Linie gewechselt werden musste. Weitere drei Stationen später erreichten wir schließlich mit Jongno 3-ga unsere Haltestelle im Gwansu-Dong Viertel, in dessen Mitte sich mit dem Rian Hotel unsere Unterkunft für die kommenden paar Tage befand. Das mittelgroße und recht stylische Zimmer betretend, war das bequeme Bett die erste Anlaufstelle für unsere erschöpften Körper. Nach kurzer Durchschnaufphase trieb uns der Hunger jedoch wieder auf die Beine. Dank der frühen Anreise schlug es erst kurz nach Mittag, sodass die Essenssuche auch gleich mit einem der wenigen Ziele verbunden werden konnte.

Die kleine auserkorene To-Do-Liste bestand lediglich aus einer Auflistung kleinerer Stadtviertel, die in den folgenden Tagen recht unwissend zwecks tatsächlich interessanter Sehenswürdigkeiten abgearbeitet werden sollte. Einfach mal überraschen lassen tut auch mal gut. Per Bus, deren Ziele und Stationen im Übrigen nicht auf Englisch angezeigt werden, gings vier Stationen weit quasi in die Innenstadt Seouls nach Myeong-dong. Nach erfolgreichem Geldwechsel an einer der zahlreichen Wechselstuben (Nebst einiger mitgebrachter Won Landeswährung wanderten einige HK-Dollar und die restlichen chinesischen RMB über den Tresen) durchstreifte man ein wenig die engen Gassen der Fußgängerzone, ehe man, nach einigem Suchen, zwecks vorher ausgesuchtem Mittagessen fündig wurde.

Im Gegensatz zur dünnen Sightseeing-Liste gestaltete sich nämlich die kulinarische Auflistung zu verkostender Speisen ellenlang. Den Anfang machte dabei Jajangmyeon, ein Nudelgericht mit einer tiefschwarzen Soße basierend auf einer Bohnenpaste mit Schweinefleisch. Schmeckte schonmal hervorragend und bot zudem durch das Restaurant im ersten Stock einen hervorragenden Ausblick auf das Gewusel in den kleinen Einkaufsgassen. Für weniger als fünf Euro pro Nase zudem absolut billig, wobei mir der komplizierte Umrechnungskurs von Won in Euro (1.000 Won = 0,71 Euro zum Reisezeitpunkt) ab und an zu schaffen machte. Da bezahlst du Beträge im hohen vierstelligen Bereich mit zugegebenermaßen wie Monopoly-Spielgeld wirkenden bunten Scheinen, die jedoch einzeln nur einen Wert von weniger als einem Euro besitzen. Kein Wunder also, dass man fast eine Viertel Million im Geldbeutel hatte.

Nachdem der erste kulinarische Leckerbissen der Reise erfolgreich vertilgt wurde, gings in der nun langsam einsetzenden Dunkelheit einige Zeit per Pedes durch die Straßen. Auffällig war indes die in keinem Verhältnis stehende enorme Anzahl an Drogerie- und Beauty-Shops, die fast schon zwanghaft das koreanische Frauenbild propagierten. Überall grüßten zudem Annoncen plastischer Chirurgen von Plakatwänden, was die eigenen Vorurteile diesbezüglich eindrucksvoll bestätigte. Fast jeder zweite Koreaner ist im Gesicht operiert, Tendenz steigend.

Demnach von sehr viel Plastik umgeben schlenderte man aufgrund der schwallhaft auftretenden Müdigkeit in ein kleines Café, wo kaltgebrauter Kaffee in Form von Eiswürfeln in gesüßter Milch serviert wurde. Genüsslich schlürfend und die Straßen betrachtend nutzte man die kurze Pause zum ersten echten Härtetest der zuvor in HK gemieteten Wifi-Box, mit der man überall im Land kostenloses Internet genoss. Dank voller Funktionstüchtigkeit der kleinen Box, die man lediglich über Nacht aufladen muss und ständig bei sich trägt, wurden die ersten Schnappschüsse gen Heimat gesendet, ehe man sich fürs Abendessen ein letztes Mal aufraffte.

In der nun einsetzenden Dunkelheit machten sich zahlreiche kleine Essensstände auf der Straße breit, die für einige mehr, einige weniger schmackhaft wirkender Delikatessen warben. Uns spülte es jedoch in einer der vielen Seitenstraßen an einen stationären Verkaufsstand, der sämtliche klassische koreanische Street-Food-Spezialitäten (oder wie man das sonst so nennt) im Angebot hatte. Mit Händen und Füßen bestellte man sich traditionellen „Fish-Cake“, der am Spieß mit einem kleinen Becher Brühe serviert wurde. Schmackhaft und die paar Cent definitiv Wert.

An dieser Stelle sei ebenfalls angemerkt, dass der gemeine Koreaner selbst in den internationalen Zentren der Hauptstadt der englischen Sprache noch weniger mächtig ist als die benachbarten Japaner. Und das will was heißen. Vorher gegoogelte Namen der Speisen oder schlichtweg ein Fingerzeig auf Menü oder Auslage helfen darüber aber bekanntermaßen hinweg. Gesättigt und völlig erschöpft gings der geringen Entfernung wissend zu Fuß zurück ins Hotel, wo man ohne große Umwege ins Bett fiel. Ein wenig durchs TV zappend benötigte man keine fünf Minuten, ehe das Land der Träume betreten wurde.

Zwischen dünner Kultur und kulinarischem Paradies

Aufgrund eines straffen Zeitplanes für den Dienstag war nicht viel Ausschlafen angesagt, denn schon für das Frühstück galt es, eine mittellange Strecke zurückzulegen. Ziel nach Verlassen des komfortablen Hotelzimmers war das Areal der Hongik Universität in Hongdae, welches mit einem der bekanntesten Studentenvierteln des Landes auftrumpft. Zwecks Anreise wurden per Metro exakt sieben Stationen für gerade mal einen Euro zurückgelegt, weshalb man auch den Transportpreisen durchaus humane Eigenschaften zusprechen kann.

Leider erwies sich das Metrosystem in Sachen Linien als recht kompliziert, da aushängende Pläne einmal nur auf Landessprache, dann mal wieder mehrsprachig daherkamen. Die überall vorhandenen Stationsnamen auf Koreanisch, Japanisch, Chinesisch und Englisch brachten aber wiederum Licht ins Dunkle. Befremdlich wirkten hingegen die in jeder Station aufgestellten Boxen mit hunderten Gasmasken… in einem Zeitpunkt, zu dem die Situation auf der koreanischen Halbinsel alles andere als versöhnlich war, lief uns beim reinen Anblick der vorbereiteten Abwehrmaßnahmen ein kalter Schauer über den Rücken.

Nach kurzer Fahrt erreichten wir schließlich das Studenten- und Szeneviertel Hongdae, in dem bewölkte 20° den sommerlichen Kleidungsstil etwas in Frage stellten. Da merkt man eben den recht großen geographischen Unterschied zwischen den Breitengraden dann doch. Nach einem kurzen Fußmarsch erreichten wir schließlich einen Laden der Marke Isaac Toast, in dem je ein Sandwich als Frühstück vertilgt wurde. Das besondere war dabei die Mischung aus herzhaften Zutaten wie wahlweise Hackfleisch mit Käse oder Schinken und einem süßen Ahornsirup, in dem die Toastscheiben getränkt wurden. Die hochzuckende Augenbraue beim Betrachten der ungewöhnlichen Kombination verschwand nach dem ersten Bissen unverzüglich, denn die Geschmacksnerven meldeten vollen Erfolg. Können wir somit vorbehaltlos experimentierfreudigen Gaumen empfehlen, denn die sollten definitiv nicht enttäuscht werden.

Im Anschluss gings, wie so oft, zu Fuß durchs kleine Viertel, in dem hunderte kleine Geschäfte so langsam ihre Pforten öffneten und den verwaisten Straßen erstes Leben einhauchten. Dieses wurde am frühen Vormittag vor allem durch junge Soldaten geprägt, die sich gerade auf dem Weg zur Uni befanden. Anders als zurzeit in der Heimat herrscht nämlich in Südkorea strenge Wehrpflicht von zwei Jahren, die selbst vor Berühmtheiten und Fußballspielern nicht Halt macht. Dementsprechend viele Tarnuniformen bekam man in der Zeit des Aufenthalts auch zu Gesicht, die auch in der Freizeit stets getragen werden müssen.

Gut drei Stunden dauerte unsere Tour durch die Straßen, in denen man die lokale Kultur in Form seltsamer und teils fragwürdiger Kleidungstile unter die Augen bekam, ehe sich die Blicke gen Mittagessen richteten. Ein kleiner Shop im Keller eines Wohnhauses gewann schließlich unsere Sympathien, der eines der Nationalgerichte des Landes anbot: Tteokbokki. Hinter dem schier unaussprechlichen Namen verbirgt sich eine scharfe Pfanne bestehend aus länglichen Reiskuchen, die in roter Soße mit Fleisch, Nudeln und Gemüse angebraten werden. Die übrig gebliebene Soße wird am Ende mit etwas Reis vermengt und angebraten, sodass man das Gericht quasi zwei Mal isst. Gut anzusehen und geschmacklich überzeugend allemal, auch wenn die Schärfe zum erhöhten Wasserkonsum anregt. Wie so oft in Asien ist das aber kostenlos. Könnte man auch mal in der Heimat einführen…

Gesättigt und für zwei Personen gerade mal zehn Euro ärmer gings auf einen kurzen Shoppingtrip, ehe man des vielen Laufens müde fürs Erste das Hotel ansteuerte. Nach kurzer Pause wurde als nächstes unser lokales Viertel Jongo unter Augenschein genommen, in dem vor allem ein großer Park mit angebautem Tempel auffiel. Während auf der gegenüberliegenden Straßenseite gerade eine K-Pop-Band auf einer Freilichtbühne ihr Bestes gab, nutzte man die lange Grünphase der Fußgängerampel für eine kurze Aufnahme des lokalen Stadtbildes. Dem dicken Nebel sei Dank erwies sich das Unterfangen jedoch schnell als, Achtung, aussichtslos. Bdum-tss.

Vorbei an vielen Kirchen des eher christlich geprägten Landes (mehr als 55% der Bevölkerung) erreichten wir schließlich mit dem Kwangjang Market eine der unzähligen Markthallen des Landes. Dabei handelt es sich quasi um ein überdachtes Marktgebäude, in dem jedoch die Kleidungs- und Baugeschäfte den größten Anteil ausmachen. Durch die teils nur einen halben Meter breiten Gänge zwängend drehte man eine komplette Runde und betrachtete unter anderem die vielen unterschiedlichen Sorten Kimchi. Dabei handelt es sich um eingelegten und fermentierten Kohl, der, ähnlich wie unser Pendant Sauerkraut in der Vergangenheit, vor allem für den Winter gedacht war. Heute gehört die sauer-scharfe Beilage jedoch zu so gut wie jeder Mahlzeit und konnte daher während unseres Aufenthalts auch in Hülle und Fülle probiert werden. Muss man aber mögen, so viel sei verraten.

Von der Markthalle aus gings wenig später recht Ziellos nach Insa-Dong. Die Kneipenstraße überzeugte mit den nun langsam aufleuchteten Lichtern in der Abenddämmerung, hatte sonst aber wenig zu bieten. Daher brach man den eher ernüchternden Rundgang in dieser Gegend wieder ab und lief zurück nach Jongo, wo das im Vorfeld auserkorene kulinarische Highlight der Reise anstand: Koreanisches BBQ. Und Mann, es sollte den verhältnismäßig teuren Preis wert sein. Die vielen unterschiedlichen Fleischstücke, allesamt scharf mariniert, wanderten nacheinander auf den kleinen Tischgrill und wurden per Schere in mundgerechte Happen zerteilt. Eingewickelt in ein Blatt Salat und garniert mit Kimchi, Knoblauch und etlichen Soßen ein Genuss, von dem man lange Zeit später noch träumen sollte. Die Finger leckend und vollends gesättigt gings danach in die nur wenige hundert Meter entfernte Unterkunft. Mit viel Vorfreude auf den nächsten Tag gings schnell in die Kiste.

Berge und Fussball

Der Mittwoch stand ganz im Zeichen des einzigen Spielbesuches des Trips, der schon lange vor dem Anpfiff am Abend einen besonderen Reiz versprühte. Doch zuvor standen noch einige weitere fix zusammengeschusterte Programmpunkte auf dem Plan, die es abzuarbeiten galt. Zwecks Zeitersparnis verlagerten wir das Frühstück in die Metrostation, von wo aus uns die Reise nach Itaewon führte. Der auf einem Berg errichtete Stadtteil gilt eher als Ausländerviertel und geht daher mit unzähligen Bars und Restaurants einher, die selbst geschlossen und bei Tageslicht eine wirklich hervorragende Optik boten. Die steilen Straßen hochkraxelnd gings vorbei an der schicken Partymeile und hoch hinauf auf den Berg, dessen enge Straßen eine sichtlich teure Wohngegend schufen.

Der Grund dafür sollte uns schnell klar werden, denn von hoch oben bot sich uns ein astreiner Blick auf das Stadtbild der knapp 26 Millionen Einwohner Metropole. Die Suche nach einem Café mit entsprechender Dachterrasse in dieser Gegend verlief jedoch leider erfolglos, da anscheinend bei den meisten Etablissements der Kaufpreis des Gebäudes im Getränk schon miteingerechnet wurde. Auf Entzug vom brauen Gesöff tat es jedoch auch ein kalter Becher aus einem der vielen Conbinis (Kleine immer geöffnete Geschäfte), den man sich auf einer ebenerdigen Terrasse mit Blick auf die Hauptstraße einverleibte.

Wieder zurück in den Barstraßen entschied man sich aufgrund vieler noch geschlossener Geschäfte zwecks Mittagessen für eine Rückkehr nach Myeong-dong, welches man per Bus erreichen sollte. Auf dem Weg erspähte man, neben den alten Gebäuden der Seoul Station, zudem das Denkmal an den auf dem Papier noch bestehenden Korea-Krieg, welches die Spaltung der beiden Länder symbolisiert. Eine genauere Betrachtung schien jedoch aufgrund des akuten Zeitmangels nicht mehr möglich.

Im schon am ersten Tag besuchten zentralen Viertel angekommen gings schnurstracks auf Essenssuche, die uns letztendlich zu einem Dakgalbi-Restaurant führte. Wie auf den Bildern unschwer zu erkennen besteht auch dieses Gericht aus einer Mischung aus Fleisch, Nudeln und der in nahezu jedem Lebensmittel enthaltenen scharfen roten Bohnenpaste. Mit viel Käse in der Mitte und einige Beilagen, die zumeist kostenlos in unbegrenzter Menge nachbestellt oder einem Buffet entnommen werden können, überzeugte auch dieses Gericht vollends, auch wenn sich die Mägen von all der Schärfe gerne mal eine Pause gewünscht hätten.

Dementsprechend fand man sich kurze Zeit später auf einem kurzen Verdauungsspaziergang wieder, ehe es zu einer der zahlreichen Bushaltestellen ging. Die Liniensuche erwies sich jedoch recht schnell als kompliziert, da man lediglich mit dem Zielort im Kopf nicht weit kommt, es sei denn man könnte ihn auf Koreanisch erkennen. Da das für beide von uns leider nicht der Fall war und selbst aushängende Fahrpläne nicht wirklich weiterhalfen, vertraute man schlichtweg der Google Nahverkehrsfunktion, die in Seoul erstaunlich gut ausgebaut schien. Selbige spuckte eine Liniennummer samt Abfahrtszeit heraus, sowie, und das stellte sich sogar als noch wichtiger heraus, die Farbe des Busses.

Denn im Allgemeinen symbolisiert schon die Couleur des Gefährts den ungefähren Zielort der Reise. So fahren blaue Busse lediglich Kurzstrecken im Stadtgebiet, Gelbe sind Ringlinien, Grüne fahren in die Außenbezirke und Rote in die weiter entfernten Satellitenstädte. Auch die Nummern finden sich nicht nur auf der elektronischen Anzeige wieder, sondern sind schlichtweg ringsum auf den Bussen aufgedruckt. Sollte somit kein Problem sein, die nur halbstündig verkehrende Linie zu erwischen. Und tatsächlich fuhr unser großes rotes Gefährt pünktlich auf die Minute mit dem Ziel Suwon vor, das auf einer kleinen Anzeigetafel noch genügend freie Plätze verkündete.

Durch den zähen abendlichen Berufsverkehr der Stadtautobahnen bahnte man sich, dank vieler Busspuren, überraschend geschmeidig den Weg in Richtung der südlichen Vorstadt, die man daher auch weit vor der für möglich gehaltenen Ankunftszeit erreichte. Am Gelände des Suwon Worldcup Stadiums verließen wir schließlich unser Gefährt, welches uns eine Stunde lang für gerade einmal 2€ kutschierte. Preise, von denen man in der Heimat nicht einmal zu träumen wagt.

Dank des gigantischen Zeitpuffers gings ein wenig durch die Grünanlagen der damaligen WM-Spielstätte, ehe man, aufgrund absoluter Planlosigkeit im Hinblick auf das Zuschauerinteresse, gute neunzig Minuten vor Anpfiff die Tickets besorgte. Für knappe zehn Euro pro Nase gabs die Karten für den Unterrang, für happige 18 einen Fanschal. Damit bewaffnet umrundete man den großen Bau einmal, ehe man sich an dessen Südseite in einem kleinen Café niederlies. Auf dessen Terrasse schlürfte man eine große Tasse des leckeren Gesöffs mit bestem Blick auf die Anlage, die die gerade untergehende Sonne in einem schicken Orange anstrahlte.

In der aufziehenden Dunkelheit und damit einhergehenden Kälte gings nun endlich ins Stadion, dass beim Betreten vom Fleck weg zu gefallen wusste. Der gigantische und sehr bunte Bau machte einen mehr als schicken Eindruck und versprühte den Charme einer großen Fussballbühne, die für den lokalen Ligaalltag jedoch mehr als überdimensioniert schien. Etwas mehr als 5.000 Schaulustige verliefen sich zu einem nicht wirklich unwichtigen Spiel im weiten Rund, hinterließen dafür jedoch einen umso besseren Eindruck.

Besonders die Nordkurve, die primär mit südamerikanischem Liedgut aufwartete, fabrizierte weit mehr als nur einen Ohrwurm. Allen voran die geliebte und gleichzeitig verhasste Melodie auf den Sommerhit Despacito stellte sich als hervorragende Stadionmelodie heraus, die es aus dem Stand in die Spitze meiner persönlichen Lieblingsgesänge schaffte. Mehr zur Partie, inklusive vieler Bilder und Videos, findet ihr hier im dazugehörigen Spielbericht.

Immer noch begeistert vom gerade erlebten hieß es nach neunzig Minuten jedoch Abschied nehmen, denn der Bus für die Rückkehr nach Seoul sollte nur noch ein einziges Mal nach dem Spiel verkehren. Da die Alternative Zug einen eineinhalbstündigen Fußmarsch durch Suwon bedeutet hätte, legte man keinen größeren Wert darauf, die Anbindung zu verpassen. Im Stechschritt gings raus aus dem Stadion und hinunter zur Bushaltestelle unweit des vor dem Spiel besuchten Cafés, wo der Bus auch schon wartete. Die großen Treppen hinunterstolpernd erreichten wir das Gefährt in letzter Sekunde, ehe es etwas ruhiger über die Schnellstraßen zurück gen Innenstadt ging.

Per Metro wurden die letzten paar Stationen zum Hotel bewältigt, wo in einem lokalen Conbini fast schon klassisch asiatisch zwei Portionen Instantnudeln in der Supermarkteigenen Mikrowelle zubereitet und verspeist wurden. Bis es jedoch soweit war, vergingen gut zehn Minuten, in denen der sichtlich überforderte Betreiber ohne Englischkenntnisse uns das System zu erklären versuchte. Schnell auf die andere Straßenseite und hinein in die Unterkunft, in der man noch lange durch die Bilder und Videos des Tages stöberte, ehe es endlich in die Kiste ging.

Jeder hat seinen eigenen Pappkarton zu tragen…

Mit dem Donnerstag stand auch schon wieder der letzte Tag des Trips an, weshalb man, in Kenntnis über den bevorstehenden anstrengenden und langen Abend, es am Morgen etwas ruhiger angehen ließ. Frühstück gabs aus dem gegenüberliegenden Conbini, dessen Besitzer sich bei unserem erneuten Anblick wohl am liebsten hinterm Tresen versteckt hätte. Kein Koreanisch, keine Kommunikation möglich. Wir schonten aber sein mitgenommenes Herz und wählten ein paar kalte Speisen, die keine weitere Zubereitung erforderten. Die Reisbällchen gabs auf dem Zimmer, wo es in der Folge mal wieder ans Packen ging. Mit eingeübtem Tetris-System ein Kinderspiel, sodass man pünktlich zur Mittagszeit das Zimmer verlies und die schweren Sachen an der Rezeption zurücklies.

Denn auch am letzten Tag standen noch einige Programmpunkte an, allen voran der Besuch des vom Namen her wohl bekanntesten Viertel Seouls: Gangnam. Am dortigen Busterminal angekommen, welches so ziemlich das Zentrum des Viertels darstellt, gings in eine bekannte unterirdische Shoppingmall, die sich über mehrere Kilometer erstreckt. Die unendlichen Mini-Shops durchstreifend wurde auch hier und da ein wenig Geld für günstige Klamotten gelassen, ehe mit der Seoul Station das Highlight in Sachen Snack-Shopping anstand.

Beim dortigen Kaufhausgiganten Lotte (Nicht mit dem Drittligisten zu verwechseln!) gabs so ziemlich alles, was das Herz begehrt. Und das Beste: Man konnte fast alles probieren! Durch die Gänge futternd wanderten letztendlich Berge an Spezialitäten in den Einkaufswagen, die die vorher ausgerechnete maximale Gewichtsbegrenzung deutlich überschritten. Eher ungewöhnlich wurde nach erfolgreichem Einkauf der gesamte Warenkorb in eigens dafür vorgesehene Packstationen in einen Pappkarton verfrachtet, was Plastiktüten unterm Strich unnötig machte. Vom Umweltgedanken her nicht schlecht, doch so wirklich handlich war die Kiste während der folgenden Metrofahrt natürlich nicht.

Auch diesen Brocken im Hotel deponiert gings auf eine letzte kleine Tour durchs Viertel, die in einem weiteren kleinen Café bei einem typisch koreanischen Eis, Patbingsu genannt, endete. Von dort aus wollte wieder das Hotel angesteuert werden, ehe es mit etlichen Koffern und Taschen bewaffnet in die vollgepressten Züge bis zum Hauptbahnhof ging. Auch der folgende Airportexpress zeigte sich leider nicht minder gefüllt, was sich jedoch Station um Station etwas besserte.

Am Incheon Airport angelangt und den Check-in hinter uns gelassen verleibten wir uns noch ein schnelles Abendessen ein, wohl wissend, dass der folgende knapp vierstündige Flug dank Billigairline selbst für Wasser horrende Gebühren verlangt. Auch hier sollte mit Bibimbap noch einmal der lokalen Küche gehuldigt werden, wobei auch dieses Gericht, bestehend aus Reis, verschiedenen Gemüsesorten, Fleisch und einer scharfen Soße vorzüglich mundete. Gesättigt und hundemüde gings in den Flieger, der uns wieder einige Tausend Kilometer näher an den Äquator und somit in wärmere Gefilde brachte. Um zwei Uhr morgens schlug man endlich wieder in der eigenen Behausung auf, in der man ohne lange Umwege sofort ins Bett wanderte.

Unterm Strich kann unser viertägiger Ausflug auf die koreanische Halbinsel als sehr ruhig betitelt werden. Ohne großen Stress lag der Fokus im Vorhinein auf dem blinden Erkunden der lokalen Kultur, die sich vor allem in den kleinen Straßen der Modeviertel wiederspiegelte. Wenig überraschend lag natürlich auch ein Schwerpunkt auf der kulinarischen Vielfalt des Landes, die wirklich überall zu überzeugen wusste. Einzig die ständig präsente Schärfe macht den westlichen Mägen vielleicht etwas zu schaffen. Ehrlich, nahezu jedes Gericht ist tiefrot. Aus finanzieller Sicht gesehen liegt Südkorea deutlich unterhalb des japanischen Niveaus und überzeugte vor allem mit niedrigen Preisen für Speisen und den Transport. Und natürlich durfte auch der Fussball nicht fehlen, wobei man mit einem Heimspiel der Suwon Bluewings einen wahren Glücksgriff landete.

Hier gibt’s viele weitere Fotos!

Allgemein gefiel uns Seoul in all seinen Facetten wirklich gut, womit einem erneuten Besuch recht wenig im Wege steht. Außer der Distanz natürlich…