28.10.2017 15. Spieltag Saarlandliga Borussia Neunkirchen - FC Homburg II Ellenfeldstadion Endergebnis: 2:2 (2:1) Zuschauer: 550 (50 Gäste) Fotoalbum
Es muss schon viel passieren, bis eigentlich durchgeplante Touren aufgrund eines anderen Spiels abgesagt werden. Doch eine Partie der sechstklassigen Saarlandliga stellte die Alternativen in der Oberliga komplett in den Schatten: Neunkirchen gegen Homburg.
Beide Fanlager verbindet seit Ewigkeiten der absolute Hass aufeinander, nicht zuletzt dank der Freundschaft zwischen Neunkirchen und Saarbrücken. Durch den Abstieg der Borussia und dem Aufstieg von Homburgs Zweiter stand einem Aufeinandertreffen nichts im Wege… bis auf das allgemein eher abnehmende Faninteresse innerhalb der beiden Clubs. Während Neunkirchen im Schnitt vor knapp 300 Zuschauer kickt und nur sporadisch von einer Handvoll Anhänger akustisch angefeuert wird, unterstützt die Homburger Fanszene ihre zweite Mannschaft in der Regel nicht. Somit hatte man die Partie zwar zunächst auf dem Schirm, doch an einem Besuch hatte man kein Interesse.
Bis zum Mittwochabend vor dem Spiel, als man über soziale Netzwerke plötzlich auf einen Aufruf der Homburger Szene aufmerksam wurde, die eine geschlossene Zugtour unter dem Motto „Alle in Schwarz“ ankündigte. Möglich wurde dies durch die Tatsache, dass die erste Mannschaft des FCH an diesem Wochenende in der Oberliga spielfrei hatte. Spätestens ab dem Zeitpunkt, als auch Neunkirchen mobilisierte, warf man die Wochenendplanung über den Haufen und entschied sich für den Spielbesuch.
Die kurze Anreise legte man per Auto zurück, welches am stadionnahen Parkplatz abgestellt wurde. Direkt fiel die enorme Polizeipräsenz auf, die mit einer guten Hundertschaft die Umgebung rund um das Ellenfeldstadion absicherte. Mehr und mehr Anhänger der Borussia sammelten sich auf dem Stadionvorplatz in froher Erwartung auf den ankommenden Zugfahrermob der Gäste.
Nach einiger Zeit des Wartens kündigten mehrere Blaulichter das Eintreffen der Gäste ein. Eine große Gruppe Behelmter kam um die Ecke… und hatte ganze 20 Homburger im Schlepptau. In diesem Moment wusste man zwar selbst nicht, was man wirklich erwartet hatte, doch für einen solchen Aufruf sind zwanzig Nasen doch ein bisschen dürftig. Ohne ein einziges Wort zu verlieren passierten die Homburger den Vorplatz und liefen in Richtung Gästeblock.
Nachdem man also von den Gästen schon vorab weniger bekam als erwartet, wusste immerhin das gut gefüllt Ellenfeld zu gefallen. Am Ende sollten es über 500 Zuschauer sein, die sich den Sechstliga-Kick an einem kalten Samstag anschauten. Keine schlechte Hausnummer.
Nachdem man ein Plätzchen auf der Gegengerade fand, genoss man den Anblick des ehemaligen Bundesligastadions, dessen Tribünen teilweise immer noch im Originalzustand vor sich hin vegetieren. Der Charme des alten Bauwerks, in Verbindung mit der spürbaren Melancholie einer längst vergangenen Zeit, macht das Ellenfeld zu der letzten noch verbliebenen Stadionperle der Saar. Aufgrund des sportlichen Niedergangs der Borussia muss man leider mittlerweile Jahr für Jahr darauf hoffen, dass es auch weiterhin so bleibt, denn diverse Bauunternehmen warten anscheinend nur darauf, dass die Stadt das Gelände zum Verkauf freigibt. Eine Schande, sollte es irgendwann einmal dazu kommen.
Die Zeit bis zum Anpfiff verging schnell, und ehe man sich versah, ging es auch schon los. Im Block 6, dem aktuellen Standort der Neunkircher Anhänger, versammelte sich ein ordentlicher Mob hinter dem riesigen Banner der Fanszene. Außer ein paar Rufe am Anfang gabs jedoch weder akustisch noch optisch irgendetwas erwähnenswertes, man beschränkte sich im Grunde lediglich auf die Präsenz im Stadion.
Im Gästeblock flaggten die am Ende 50 Homburger alle wichtigen Gruppenfahnen an die Wellenbrecher und unterstützten ihre Mannschaft zu Beginn ab und an. Von den etwa 30 Nasen, die sich im Schnitt am Support beteiligten, gabs im ersten Durchgang aber lediglich ein paar sporadische Rufe. Nur bei Pöbeleinlagen, die direkt von der Gegenseite beantwortet wurden, wurde es im Stadion mal lauter.
So wenig auch auf den Tribünen geboten wurde, so gut startete die Geschichte auf dem Platz. Nach nur zwei Minuten zeigte der französische Schiedsrichter auf den Punkt und entschied auf Foulelfmeter für die Borussia, welcher eiskalt verwandelt wurde. Drei Minuten später klingelte es schon wieder. Das 2:0 für Neunkirchen unterstrich die absolute Dominanz über den Tabellenletzten von der Landesgrenze. Doch anstelle das Spiel zu entscheiden, schaltete Neunkirchen ein paar Gänge zurück, wodurch die Gäste in der 28. Minute durch einen Lupfer zum Anschlusstreffer kamen.
Danach war Halbzeit im Ellenfeld, was beide Seiten nochmals zum Austausch von Nettigkeiten nutzten. Auch der zweite Durchgang wurde erstmal von der Pöbelfraktion der Gäste eröffnet, ehe ab und an ein paar Gesänge von Grün-Weiß zu vernehmen waren.
Durchgefroren vom kalten Wind wurde man ebenfalls Zeuge eines rapiden Leistungsabfalls auf dem Feld, die Furiose erste Hälfte schien einem anderen Spiel angehört zu haben. Gerade gegen Ende musste Neunkirchen um den Sieg zittern, hatte aber allen Anteil daran, überhaupt erst in diese Situation gekommen zu sein. Und tatsächlich gelang den Gästen kurz vor Schluss der komplett überraschende Ausgleich.
Großer Jubel im Gästeblock, wo fast jeder an irgendeinem Zaun zu hängen schien. Großer Frust auf der anderen Seite, für den man absolut Verständnis hatte. Die Borussia verschenkte einen mehr als sicheren Sieg gegen den abgeschlagenen Tabellenletzten leichtfertig und verpasste somit den großen und wichtigen Sprung in die Spitzengruppe der Tabelle.
Nach Abpfiff leerte sich der Heimblock in Sekundenschnelle, während die Gäste noch für einige Minuten ihre Mannschaft feierten. Kurze Zeit später war man wieder auf dem Vorplatz, wo die Stimmung nun nicht mehr so ruhig war wie vor dem Spiel. Beim Vorbeilaufen der Zugfahrer flogen wüste Beschimpfungen zwischen beiden Fanlagern umher, doch zu körperlichem Kontakt kam es zu keinem Zeitpunkt. Das Großaufgebot der Polizei verhinderte jegliche Aufeinandertreffen sofort und brachte die Gäste wieder zum Bahnhof.
Kurze Zeit später kehrte wieder Ruhe am Ellenfeld ein. Der Tag stellte sich als unspektakulärer als zunächst erhofft heraus, vor allem im Stadion hätte man mehr erwartet. Nichtsdestotrotz war man froh über den Besuch im Ellenfeld, welches man auf dem Weg zum Auto nochmals von außen bewundern durfte. Wer weiß, wie oft man noch die Chance dazu hat.