HK First Division: Hong Kong FC – Citizen AA

30.09.2017
5. Spieltag HK First Division
Hong Kong FC - Citizen AA
Hong Kong Football Club Stadium
Endergebnis: 4:2 (1:2)
Zuschauer: 50
Fotoalbum

Nachdem die Partie im großen Hong Kong Stadium beendet und die Bäuche gefüllt waren, gings zum zweiten Spiel des Samstagabends. Da man in der zweithöchsten Liga des Landes mit absolut gar keinem Zuschaueraufkommen zu rechnen braucht, planten wir unsere Ankunft pünktlich zum Anpfiff der Partie ein, was genug Zeit für Abendessen und den kurzen Fußweg nach Happy Valley übrig ließ. Dank der mittlerweile untergegangenen Sonne und einer lauen Brise wurde das Ganze auch etwas erträglicher und weniger schweißtreibend als noch wenige Stunden zuvor.

Ziel war das HKFC Stadium, welches eingebettet in einer der großen Pferderennbahnen des Landes liegt. Die Hongkonger lieben ihre Pferdewetten, haben gleichzeitig aber keinen Platz zu verschenken, weshalb neben dem anvisierten Stadion gleich vier weitere Sportstätten in der Mitte der Anlage errichtet wurden. Bei selbigen handelt es sich jedoch lediglich um Kunstrasenplätze ohne jeglichen Ausbau, die vor allem für Zweit- und Drittligapartien genutzt werden. Unter drei Stufen gehen wir aber nicht aus dem Haus, weshalb der einzige Grund für die Reise das fünfte Sportfeld der Anlage darstellte.

Leider entwickelten sich bei der Suche nach dem Stadioneingang einige Probleme. Eins vorweg, um das Ganze verständlich zu machen: Beim Hong Kong Football Club handelt es sich um den mit Abstand ältesten und ersten Fussballclub des Landes. Nach seiner Gründung im Jahre 1886 (!) stellte er die Weichen für die Entwicklung des Fussballs im kleinen Land und konnte immerhin fünf Pokalsiege und eine Meisterschaft erringen. Der letzte Titel wurde 1922 errungen, was auch schon ein paar Jahre her ist.

Seitdem wandelte sich der Club zu einem elitären Kreis für in Hong Kong lebende Britten, die ein wenig Geld zu viel haben. Denn die Mitgliedsgebühr, sei es als Spieler oder einfach nur so, beträgt schlappe 400.000HK$, also fast 45.000€. Das exorbitante Vermögen des Clubs spiegelt sich auch in der Tatsache nieder, dass der HKFC der einzige Verein des Landes ist, der ein eigenes Stadion besitzt.

Dennoch ist der Verein für seine Talentschmiede bekannt, aus der einige heutige Nationalspieler stammen. Die Spieler der ersten Mannschaft sehen das Ganze jedoch nur als Hobby an, weshalb der Club aufgrund fehlender professioneller Strukturen nicht in die erste Liga aufsteigen darf. Dank Umstrukturierungen ging man dennoch einige Male in der höchsten Spielklasse auf Punktejagd, wurde dabei von den anderen Teams aber regelrecht abgeschossen.

Vor dem Hintergrund des elitären Kreises ist es fast unmöglich, ein Spiel des Vereins zu sehen, zumal der Clubs in der zweiten Liga nicht zum Verkauf von Tickets verpflichtet ist. Somit versuchten wir unser Glück zunächst am Haupteingang, wo die Abweisung durch das Sicherheitspersonal aber prompt folgte. Kein Mitglied? Kein Fussball. Denkste! So leicht lassen wir uns nicht unterkriegen!

Nach einer Umrundung der mittlerweile in der kompletten Dunkelheit liegenden Pferderennbahn wurden wir auf einen Tunnel zu einer Tiefgarage aufmerksam. Selbiger hatte auf der anderen Seite einen Ausgang zum Stadion. Schnell wurde dieser durchquert, ehe ein hoher Zaun und ein verschlossenes Tor den weiteren Weg versperrten. Da man wenig Lust auf ein Spiel als Zaungast hatte, wollte man sein Glück an der Telefonanlage des Tores versuchen, doch ein gerade ankommender alter Herr kam uns zu vor. Nach kurzer Konversation mit der Gegensprechanlage öffnete sich schließlich die Tür und der alte Herr winkte uns einfach mit rein. Geht doch! Danke dafür.

Tickets gabs wie erwähnt leider keine, dafür konnte man das Spiel für Lau verfolgen. Beschweren konnte man sich beileibe nicht, vor allem weil der geschmiedete Plan in Sachen Anstosszeit dieses Mal vollkommen aufging. Keine Minute nach Betreten der Anlage ging die Partie auch schon los, weshalb man eine Umrundung für Fotos kurzerhand auf die Halbzeitpause verschob. Doch auch so hatte man ebenfalls mehr als genügend Möglichkeiten, den einen oder anderen Blick durchs kleine Rund schweifen zu lassen.

Der Bau verfügt lediglich über zwei Seitentribünen, eine mit sieben, eine mit acht Sitzreihen. Für Hong Kong gewohnt farbenfroh in gelb, grün und blau bestuhlt und mit einer gigantischen Anzeigetafel ausgestattet. Die Tribünen wurden, wie sollte es auch anders sein, im britischen Stil errichtet, wobei die erste Sitzreihe quasi auf dem Feld endet. Zäune oder Barrikaden suchte man vergebens, genauso wie einen einzigen echten Grashalm.

Der Kunstrasen verfügt über zahlreiche Linien für andere Sportarten wie Rugby, was ihn eher wie den Boden einer Schulturnhalle für den Breitensport erscheinen lässt. Dennoch macht das Stade, welches offiziell 2.750 Zuschauer fasst, einen ganz schicken Eindruck. Die Kapazität wird dabei aber höchstens bei jährlich stattfindenden Sportevents benötigt.

An diesem Abend verliefen sich etwa 50 Schaulustige zum Spiel, wovon ich fast alle zu Angehörigen der Spieler beider Mannschaften zählen würde. Zudem musste man beim kurzen Durchzählen aufpassen, die Spieler nicht miteinzuberechnen. Auswechselbänke gab es nicht, weshalb Spieler und Trainer einfach auf den beiden Tribünen Platz nahmen.

Die einzigen Gesänge schallten derweilen von der Stadionkneipe hinterm Tor, wo gerade das Rugby-Team des Clubs den Tag mit viel Bier ausklingen ließ. Selbige „Kneipe“ ist übrigens ebenfalls nur für Mitglieder, vom Stadion abgezäunt und nicht zugänglich. Man will ja schließlich nicht zu nah an die Fußball-Proleten ran kommen, versteht sich. Wofür bezahlt man schließlich den Mitgliedsbeitrag im Wert eines Mittelklassewagens?

Auch wenn die Anlage im Endeffekt fast ausgestorben war, erfreute man sich am fabelhaften Panorama, welches man in fast jeder Sportstätte des Landes erleben darf. Hier wurde aber nochmals eine Schippe draufgelegt, denn Happy Valley liegt sehr nah an der zentralen Innenstadt, wodurch die Skyline mit ihren vielen Lichtern mehr als einmal vom Geschehen auf dem Platz ablenkte. Auch die Pferderennbahn und die großen Gebäude des Jockey Clubs waren Futter für die Augen.

Doch auch das Spiel wusste zu unterhalten. Nach schnellem Start gelang dem HKFC der Führungstreffer nach nur wenigen Sekunden, bevor die Gäste, die Citizen AA, nach zehn Minuten zunächst ausgleichen konnten und wenig später per Direktabnahme das Spiel sogar drehten. Die Qualität überraschte und es war ordentlich Feuer in der Begegnung. Unterhaltung war demnach definitiv gegeben.

Der folgende Pausentee wurde für eine schnelle Fotorunde genutzt, bevor man sich auf der anderen Seite wieder niederließ. Erst dann fiel auf, dass die neue Seite über viel bequemere Sitze mit Armlehnen, Getränkehalter und co. bestand. Hätten wir das mal früher gewusst…

Der zweite Durchgang startete genauso fulminant wie der Erste: Nach einem Freistoss gelang dem HKFC zwei Minuten nach Wiederanpfiff das 2:2, bevor wenige Minuten später mit dem 3:2 die Partie eine erneute Wende erfuhr. In der 74. Minute machten die Hausherren schließlich den Sack zu und trafen zum 4:2 Endstand.

Obwohl verständlicherweise gegen Ende die Luft etwas raus war, attestierte man der Partie dennoch einen hohen Unterhaltungswert. Hätte ich bei einer halb-Profiliga in Hong Kong ehrlich gesagt nicht gedacht, zumal das Gegurke in der ersten Liga manchmal schon an die heimische Oberliga erinnert. Kurz nach Schlusspfiff gings unentdeckt durch das gleiche Tor wieder nach draußen.

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Den Rest des Abends verbrachte man noch mit einigen Bekannten aus der Heimat im zentralen Tsim Sha Tsui, bevor man kurz nach Mitternacht erschöpft in die Federn fiel. Das Auftanken der Energie war auch bitter nötig, denn schon am nächsten Tag folgte die letzte Partie der Tour.