Chinese Super League: Guangzhou R&F – Beijing Guoan

16.09.2017
25. Spieltag Chinese Super League
Guangzhou R&F - Beijing Guoan
Yuexiushan Stadium
Endergebnis: 2:1 (1:0)
Zuschauer: 10.268 (ca. 300 Gäste)
Fotoalbum

Schon einige Wochen vor dem Start unseres Asien-Trips schwebte die Idee eines erneuten Ausflugs ins Reich der Mitte durch den Kopf. Der Grund war eigentlich ganz simpel, denn ein befreundeter Anhänger von Beijing Guoan legte uns den Besuch einer Partie in Guangzhou, einer chinesischen Stadt knapp 150 Kilometer nördlich von Hong Kong, sehr nahe. Da man mir einen solchen Vorschlag für gewöhnlich nicht zweimal unterbreiten muss, plante man einen kurzen Wochenendtrip nach China schonmal mit ein.

Die Geschichte stand jedoch noch länger in der Schwebe, da man für die Einreise ja für gewöhnlich ein Visum braucht. Dass es auch ohne geht, zeigte sich zuletzt im März beim Besuch der Hauptstadt. Und auch dieses Mal verzichtete man aus gutem Grund auf die Beantragung in Deutschland. Denn über ein paar Ecken erfuhr man, dass eine Ausstellung auch in Hong Kong selbst möglich ist, obwohl sämtliche offiziellen Seiten diesbezüglich etwas anderes behaupten.

Somit versuchte man einfach mal sein Glück und stapfte in der zweiten Woche des Trips zur chinesischen Botschaft in Hong Kong. Alles, was man dazu brauchte, war eine Passkopie, ein ausgefülltes Formular (dass sie darin nicht noch die Blutgruppe wissen wollten war eigentlich alles) sowie eine Buchungsbestätigung eines oder mehrerer Hotels für die Dauer des Aufenthalts. Letztere buchte man einfach am gleichen Morgen, Stornofreiheit sei Dank auch ohne jegliches Risiko. Wirklich überprüft wird das Ganze sowieso nicht, weshalb man auch nachträglich einfach woanders absteigen könnte. Man will ja schließlich nicht zu viel bezahlen.

Das Prozedere dauerte keine fünf Minuten und man erhielt auch schon einen Zettel, mit dem man drei Tage später wiederkommen sollte. Gesagt getan, und tatsächlich hielt man, gegen eine Gebühr von gerade einmal 20€, 72 Stunden später das Visum in der Hand. Zum Vergleich: In Deutschland müsste man zunächst zu einer der wenigen Botschaften persönlich düsen und es auch später wieder abholen. Dabei liegt der Preis um das Dreifache des letztendlich bezahlten.

Oder aber man beauftragt eine Agentur, wodurch das persönliche Vorsprechen sowie die Abholung entfällt, dabei jedoch um die 160€ berappen muss. Fazit: Wenn man nach China will und sowieso schon in Hong Kong, Macao oder Taiwan ist, Visum einfach dort beantragen. Klappt und ist schlichtweg schneller und billiger.

Die Tage bis zum Start der Tour vergingen, wie für einen Urlaub üblich, im Galopp und ehe man sich versah, packte man auch schon alles Überlebenswichtige in einen Rucksack. Nachdem Freitagabends noch das Spiel in Tseung Kwan O besucht wurde, gings am frühen Samstagmorgen mit dem Bus in Richtung Guangzhou. Dort angekommen, ruhte man sich zunächst ein wenig im schicken Hotelzimmer aus, bevor wir sehr früh per Metro in Richtung Stadion aufbrachen. Einfacher Grund: Wir hatten noch keine Tickets.

Von unserem Startpunkt am Ostbahnhof aus gings für 4 RMB (etwa 55 Cent) einmal quer durch die Stadt in den Yuexiu-Distrikt. Dort angekommen, warteten schon Heerscharen von Ticketverkäufer am Ausgang und buhlten um die Gunst der Kundschaft. Dazu sei angemerkt, dass diese Art „legaler Schwarzmarkt“ durchaus von den Vereinen geduldet wird, da sich selbige nicht mehr um den Verkauf der Tageskarten kümmern müssen. Wenn man nicht in China wohnt oder an eine Dauerkarte kommt, führt sowieso kein Weg an den Zwischenhändlern vorbei.

Das Ticket gabs, nach kurzer Verhandlung mit der alten Dame, für 85 RMB pro Nase (etwa 11€), im Endeffekt 5 RMB mehr als der aufgedruckte Preis. Sollte uns an diesem Tag aber egal sein. Interessant hingegen war die hohe Anzahl an Polizisten, die den Ticketverkauf anscheinend überwachten und absicherten. Wo Geld im Spiel ist, ist in China eben meist die Polizei nicht weit… ein Schelm, wer Böses dabei denkt!

Mit den Karten in der Tasche gings noch ein wenig durchs Viertel. Neben ein paar alten Gebäuden und Parks, die man nur von außen begutachtete, war es aber wiederum das enorme Polizeiaufgebot, was das Straßenbild prägte. Nahezu jeder Parkplatz wurde von einem Streifenwagen belegt, sogar ganze Reisebusse inklusive Blaulicht versperrten die Straßen.

Neben der allgemein schon als extrem hoch empfunden Präsenz der Staatsmacht dürfte die Rivalität der Anhänger das ganze nochmals angefeuert haben. Denn die Fans von Beijing Guoan pflegen eine nicht gerade freundliche Beziehung zu den Anhängern von Guangzhou Evergrande. Das Aufeinandertreffen beider Vereine dürfte momentan das größte Derby des Landes sein, nicht zuletzt aufgrund der sportlichen Situation. Zwar spielte Guoan an diesem Tag nur beim kleineren Verein R&F, jedoch kam es schon in der Vergangenheit zu Aufeinandertreffen mit Evergrande-Anhängern, die der Partie gerne mal beiwohnten.

Nach der kurzen Tour durch ein Wohngebiet ging es wieder in Richtung Yuexiushan-Park, seines Zeichens namensgebend für das Stadion. Zuerst wollten jedoch die Bäuche gestillt werden. Auf der Suche nach gutem und sauberem Essen (in China gar nicht mal so einfach) blieb man im Endeffekt an einem McDonalds unweit der Arena hängen. Zwar nicht gerade landestypisch, doch die fehlende Auswahl in der näheren Umgebung ließ eben nichts anderes zu.

Auf dem Rückweg fielen vor allem zwei Dinge auf: Die schier endlose Anzahl Trikotverkäufer sowie hunderte Verkehrspolizisten, die bei jedem Atemzug in ihre Trillerpfeife bliesen. Tinnitus vorprogrammiert. Obwohl jeder Straßenverkäufer die gleichen Trikots im Angebot hatte, blieb man überall hängen und schaute, ob nicht doch irgendwer einen Schal im Angebot hat. Mit leeren Händen will man ja nicht zurückkommen. Fündig wurde man erst am unmittelbaren Eingang zur Anlage, wo schicke Seidenschals für drei Euro das Stück den Besitzer wechselten. Ein Angebot, welches man natürlich nicht ausschlagen konnte.

Das folgende Betreten des Stadions ähnelte wiederum eher einem Flughafen als einem Fussballspiels: Zunächst folgte eine Taschenkontrolle inklusive Ticketcheck, bevor an der zweiten Kontrolle die altbekannten Metallscanner zum Einsatz kamen. Eine Prozedur, die man selbst in jeder Metrostation täglich erlebt. Ein Gutes hatte die kurze Wartezeit aber dennoch, denn man konnte einen Blick auf den wirklich schönen Treppenaufgang zur Anlage werfen. Beide Clublogos und –Farben verzierten selbigen und ergaben einen schicken Anblick.

Nach dem der Aufgang erklommen wurde gings auch schon rein ins Glück. Und da lag es plötzlich vor uns: Das Yuexiushan-Stadium, dass wohl einzige goldene Stadion der Welt. Moment, Gold? Genau, denn vor nicht allzu langer Zeit entschied man sich dazu, aufgrund anhaltender Erfolglosigkeit in der Liga für ein besseres Feng Shui zu sorgen. Und wie geht das für Chinesen besser als mit der Farbe Gold? Und so wurde innerhalb von ein paar Tagen jedes noch so kleine Detail des Stadions mit der neuen Farbe angestrichen und besprüht. Hört sich im ersten Moment schrecklich an, sah aber gar nicht mal so schlecht aus.

Während man sich zunächst am Eingang aufhielt und einige Bilder schoss, war der Gästeblock schon gut gefüllt. Mehrere Hundert Anhänger der Grün-Gelben legten die lange Distanz von 2.200 Kilometern für den einfachen Weg (!) zurück und beflaggten den vorderen Bereich ihres Blocks mit vielen mitgebrachten Zaunfahnen.

Da sich auf der Heimseite noch sehr wenig tat, nutzten wir die Zeit bis zum Anpfiff mit einem Rundgang durchs Stadion. Die Arena selbst macht aus jedem Winkel einen gigantischen Eindruck. Die sehr steilen Ränge (teilweise fast ein Meter zwischen den Reihen) lässt die Kurven schon fast wie Berge wirken. Die beiden Seitentribünen sind überdacht und wohl Hauptanlaufpunkt der meisten Anhänger, wobei sich die aktive Heimszene, von der man zu diesem Zeitpunkt noch gar keine Vorstellung hatte, auf der Gegentribüne niederlässt.

Leider ist das Stadion nur zu knapp drei Viertel ausgebaut, denn am anderen Ende prangt ein gigantisches Haus und verschandelt das tolle Rund. Ob dieses dem Club gehört und als eine Art VIP-Zentrum fungiert, konnte nicht herausgefunden werden. Fest stand nur, dass sich die Umkleidekabinen der Mannschaften in selbigem befinden. Wenn man diesen Schandfleck außer Acht lässt, ist das Teil aber mehr als beeindruckend. Mit 18.000 Plätzen ist das Yuexiushan jedoch das mit Abstand kleinste Stadion in der CSL, was man sich bei der Größe eigentlich gar nicht vorstellen konnte.

Zur wie schon beschriebenen goldenen Farbgebung mischten sich auch viele Grüntöne, vor allem für Beschilderungen sowie der Platznummerierung. Selbiges dürfte den Gästen wohl gefallen haben, so stellt diese Kombination die Farben von Beijing dar. Der Hauptstadtclub, übrigens mit Roger Schmidt als Trainer, dümpelte zu diesem Zeitpunkt den sportlichen Erwartungen etwas hinterher. Das Spiel gegen den Tabellennachbarn aus Guangzhou sollte dadurch am Ende der Saison schon Vorentscheidend für die mögliche Qualifikation zum internationalen Wettbewerb sein, also ein Sechs-Punkte-Spiel, wie man so schön sagt.

Für R&F, seines Zeichens lediglich zweite Macht der Stadt, wäre das internationale Geschäft mit Sicherheit nicht selbstverständlich. Denn der 1986 gegründete Club schaffte es in der Vergangenheit nur selten, gute Platzierungen herauszuspielen, geschweige denn, irgendeinen Titel zu gewinnen. Ein kurzer Blick auf die Vereinshistorie offenbart Spekulationsmöglichkeiten für Gründe: Der Verein ist ein wahrer Wanderer und war schon in vielen Städten beheimatet. Seit seiner Gründung war er zunächst Stadtverein von Shenyang (Gelegen in der Mandschurei im Nordosten des Landes), bevor 2007 der Umzug nach Changsha ins Zentrum Chinas erfolgte. Dort blieb der Verein drei Jahre lang, ehe er sich 2011 zu Shenzen Phoenix wandelte. Ein Jahr später wurde daraus der Guangzhou R&F FC, der noch so in seiner heutigen Zeit existiert. Fragt sich nur für wie lange…

Für traditionsbewusste deutsche Gemüter stellt das ständige Umziehen ein kaum begreifbares Schauspiel dar, was jedoch gerade in China, Südkorea sowie in den USA sehr gängig ist. Der Namenszusatz „R&F“ stellt hierbei übrigens nur den Sponsorennamen eines lokalen Immobilienunternehmens dar. Folglich schreiben sich die Blau-Weißen auch nur ihr offizielles Gründungsjahr 2011 ins Logo und auf die Fahnen.

Unbegreiflich jedoch, warum sich die Fans des Clubs als Anhänger des einzig wahren Vereins der Stadt ansehen. Eine Fahne mit dem Slogan „Nur wir sind Guangzhou“ war Anlass, sich über die Thematik ein wenig den Kopf zu zerbrechen. Hier und da wurden schonmal Vergleiche mit der Situation in München gezogen, wo man ja gerne sagt, dass eigentlich 1860 der Stadtverein ist und Bayern den größten Teil seiner Anhänger aus den eher umliegenden Gebieten zieht. Doch R&F kauf ich das Ganze nicht ab. Ein Club, der erst seit sechs Jahren in seiner jetzigen Form existiert, vorher gut 4.000 Kilometer entfernt spielte, will der einzig wahre Stadtverein sein?

Zum Vergleich: Der „FC Bayern“ der Stadt ist Guangzhou Evergrande, Meister in den letzten sieben (!) aufeinanderfolgenden Saisons. Dennoch spielt der Club, trotz unendlicher vieler Namens- und Logoänderungen, schon seit 1953 in der Metropole am Perlflussdelta. Bis auf die Ähnlichkeiten in den Farben (Evergrande ist Rot, R&F Blau) besteht da meiner Meinung nach keine Gemeinsamkeit. So viel aber zu dieser Thematik, denn das eigentliche Interesse lag ja auf dem Platz und dem Geschehen auf den Rängen.

Mit dem Einlaufen der Mannschaften (und das zog sich, denn die Strecke war lang) wurde zunächst, wie überall üblich, die chinesische Nationalhymne gespielt, zu der sich auch jeder der anwesenden Zuschauer erhob. Wir nutzten die Gelegenheit und liefen zu unseren Sitzen unweit des Gästeblocks, bevor die beiden Kurven mit ihren Gesängen starteten.

Die Heimseite positionierte sich hinter einer schicken Zaunbeflaggung auf der Gegengerade unter dem Dach und teilte sich in etwa zwei gleich große Haufen auf, die direkt nebeneinander standen. Fürs Auge gabs neun Schwenkfahnen, jede einzelne recht schön anzusehen, die man synchron und Japan-typisch am vorderen Rande des Blocks schwenkte. Dazu gaben etliche Trommler den Takt vor, doch die Anzahl an wirklich sangesfreudigen Anhängern stand in absolut keinem Verhältnis dazu.

Im Durchschnitt dürften sich etwa 100 bis 150 Nasen an den Gesängen, Klatsch- und Hüpfeinlagen beteiligt haben, was im großen Stadion komplett unterging. Einzig nach Chancen wurde es Mal lauter, doch die Gesänge und Rufe flachten oftmals nach nur einer Runde wieder ab. Die beiden erwähnten Gruppen arbeiteten jedoch, anders als zum Beispiel in Beijing, nicht gegeneinander, sondern stimmten jeweils in die Gesänge der anderen mit ein. Im Endeffekt kann man sagen, dass sie sich lediglich im Anstimmen der Gesänge abwechselten.

Dass, was am Ende bei uns akustisch ankam, war leider alles andere als passabel. Die vereinzelt wahrgenommenen Melodien wurden allesamt aus deutschen oder anderen europäischen Stadien adaptiert und einfach mit einem kantonesischen Text versehen. Insgesamt hätte man aufgrund der anfänglichen Eindrücke definitiv mehr von der Heimseite erwartet.

Der absolute Kontrast dazu fand direkt neben uns im Gästeblock statt: In Verbindung mit den gefühlt fünfzig Zaunfahnen am unteren Ende gaben die im oberen Teil positionierten Anhänger des Hauptstadtclubs einen richtig guten Anblick ab. Besonders möchte ich hier nochmals die Distanz hervorheben: Für das Ligaspiel mussten die Anhänger auf dem Hin- und Rückweg insgesamt über 4.400 Kilometer zurücklegen! Eine in Europa gängige Distanz im Europapokal, jedoch nicht jedes Wochenende in der Liga.

Trotzdem reiste ein Großteil der rund 300 Grün-Gelben auf verschiedenen Wegen nach Guangzhou um ihr Team im wichtigen Spiel zu unterstützen. Zu Beginn gabs zunächst das typische Einklatschen, an dem sich so gut wie jeder im Gästeblock beteiligte. Danach ging die Quote erwartungsgemäß ein wenig zurück und konzentrierte sich auf den unteren Teil, in dem die in schwarz gekleideten Ultras „Royal Army“ das Liedgut vorgaben (die im Übrigen zu knapp 50% aus Frauen bestanden).

Auch hier bediente man sich durchweg aus deutschen Kurven (großer Einflussfaktor der chinesischen Ultra-Bewegung), streute aber hier und da auch eigene Melodien ein. Vor allem letztere wussten zu gefallen. Man ist eben immer froh, mal was Neues zu hören. Die Beijing Ultras überzeugten nicht zuletzt aufgrund ihrer Geschlossenheit, vor allem bei Klatsch- und Hüpfeinlagen. Im späteren Verlauf gelang es immer wieder, größere Teile der Gästekurve mitzunehmen, sodass man den Hauptstädtern an diesem Tag guten Gewissens die Stimmhoheit zusprechen konnte.

Leider gabs im Gästeblock keine Trommel, wobei man den Grund dafür nicht erfuhr. Obwohl Materialverbote und andere Repressionen auch in China keine Seltenheit darstellen, könnte auch schlicht die weite Anreise Grund dafür gewesen sein. Während beide Kurven ihre Mannschaften unterstützten, strömten noch bis weit nach Anpfiff viele Zuschauer ins Stadion. Selbst in der 15. Minute waren nicht alle auf ihren Plätzen, was aber auch an der allgemeinen Mentalität der Stadiongänger liegt, erst kurz vor knapp anzureisen. Somit verfolgte man die Anfangsphase immer wieder mit irgendwelchen Leuten vor der Nase, die gerade auf der Suche nach ihrem Platz waren.

Auf dem Rasen stellte die Partie für beide Mannschaften einen wichtigen Schritt in Richtung internationalem Geschäft dar, denn mit einem Sieg wären beide wieder oben dran gewesen. Für den interessierten Leser vielleicht schonmal vorweg: Das Spielniveau in der chinesischen Superliga ist, man mag es eigentlich kaum glauben, überwiegend gut und gefühlt mindestens auf deutschem Zweitliganiveau. Dank der vielen Stars, könnte man meinen. Was das angeht: Jein. Klar, auf beiden Seiten waren auch an diesem Abend große Namen am Start, doch ein oder zwei Spitzenfussballer machen ein Spiel bekanntlich nicht unbedingt besser.

Im Endeffekt zeigte sich die Partie sehr unterhaltsam und konnte durch ihr hohes Niveau überzeugen. Und fast wäre ein perfekter Start für die Gäste drin gewesen, doch der frühe Treffer für Guoan fiel aus einer Abseitsposition. Guangzhou erholte sich vom ersten Schock gut und investierte etwas mehr als Beijing, weshalb der Führungstreffer in der 29. Minute für die Blauen nicht unverdient war.

Ein entscheidender Faktor dafür war die eher schwache Abwehr der Hauptstädter, die mit den flinken Angreifern von R&F alle Hände voll zu tun und dadurch des Öfteren das Nachsehen hatten. Doch auch die Spieler der Hausherren machten manchmal Fehler, die vom Publikum mit einem lauten „deu“ (Scheiße auf Kantonesisch) quittiert wurden. Definitiv lustig mitanzuhören.

Ohne größere Vorkommnisse endete die erste Halbzeit, was den Startschuss zur lautesten Werbung markierte, die wir jemals in einem Stadion erleben mussten. Die Fernsehspots liefen in einer dermaßen hohen und schrillen Lautstärke, dass selbst ein Zuhalten der Ohren nichts nutzte. Die Krönung der Pause war dabei eine knapp fünfminütige Cheerleader-Show vor unserer Tribüne, die nicht nur von schriller chinesischer Popmusik untermalt wurde, sondern zu der sich auch zahlreiche sabbernde Gestalten mit ihren Handys und Kameras am Zaun versammelten. Wers braucht…

Aber fünfzehn Minuten gehen vorbei, weshalb auch schon bald wieder gegen den Ball getreten wurde. Beijing kam zunächst etwas besser aus der Kabine, ehe die Hausherren aktiver wurden und bedeutend näher am zweiten Tor waren. Doch in der 62. Minute durften plötzlich die Gäste jubeln: Wie aus dem Nichts gelang Guoan mitten in der Drangphase der Blauen ein Konter, der mit einem weiten Lupfer über den herauseilenden Torwart endete und zum eher schmeichelhaften Ausgleich führte.

Der Gästeblock drehte daraufhin auf und erreichte eine gute Lautstärke, der die Anhänger von Guangzhou nur mit Buhrufen zu begegnen wussten. Doch die Freude war nur von kurzer Dauer. In der 70. Minute gelang Guangzhou wieder der Führungstreffer, der den Gästeblock größtenteils verstummen ließ. Nun übernahm der Heimsektor die stimmliche Hoheit im Stadion, was sogar zu einigen guten Minuten in Sachen Atmosphäre führte. Leider pendelte sich die Lautstärke nach kurzer Zeit wieder auf normalem Niveau ein.

Während die Hausherren die knappe Führung verwalteten, begann ab der 75. Minute die nächste große Völkerwanderung im Stadion. Viele verliesen ihre Plätze und machten sich auf den Weg zum Ausgang, um nach dem Abpfiff möglichst als erster das Gelände zu verlassen. Somit war das große Stadion gegen Ende nur noch zur Hälfte gefüllt, obwohl das eigene Team am Schluss das Spiel verdient gewinnen konnte.

Nach Abpfiff feierte der harte Kern der Heimszene die gute Mannschaftsleistung und zeigte zudem ein Spruchband für ihren israelischen Spieler Zahavi, der den Club nach der Saison verlässt. Der Gästeblock blieb hingegen stumm und applaudierte zurückhaltend für ihr Team. Durch die Niederlage dürfte die Saison für Beijing gelaufen sein, der Ärger einiger Anhänger war also durchaus nachvollziehbar.

Nach einiger Zeit entschieden auch wir uns, den Rückweg anzutreten. Da man sich aber nicht den großen Menschenmassen hin zum Ausgang am unteren Ende des Stadions anschließen wollte, wählten wir die Option am oberen Ende. Nachdem also die komplette Kurve erklommen werden musste (Mann, war das steil), entschädigte der Blick vom höchsten Punkt auf das goldene Rund ungemein.

Danach gings raus in die Dunkelheit, denn die Wege im Yuexiushan-Park, in dem das Stadion liegt, waren teilweise nicht beleuchtet. Ohne wirklich einen Plan für die richtige Richtung zu haben, irrten wir fast eine halbe Stunde durch den Park, bis schließlich eine Hauptstraße das Erreichen der Zivilisation signalisierte. Zu unserem Glück befand sich genau am Ausgang des Parks eine Metro-Station, was Balsam auf die müden Seelen und Füße war. Nach Umstieg auf halber Strecke erreichten wir wieder unser Hotel am Ostbahnhof.

Am Ende war man recht glücklich über den Spielbesuch, hätte sich aber vor allem von Seiten der Heimfans mehr gewünscht. Irgendwie fühlt es sich in China immer noch nach angezogener Handbremse an, oder die Gruppen sind im Verhältnis zur Gesamtzahl der Zuschauer schlicht nicht groß genug. Positiv überrascht war man hingegen von der für die Distanz großen Zahl an Gästefans und vor allem vom Stadion. Die Bauart an sich in Verbindung mit der ungewöhnlichen Farbe macht es nicht nur einzigartig, sondern auch zu einer der schöneren Anlagen in unserer bisherigen Laufbahn.

Hier gibts mehr Fotos!

Mal sehen, was die Zukunft in Sachen chinesischer Spielbesuche für uns noch so bereithält. Lust auf Weiteres hätte man allemal!