HK Premier League: Lee Man FC – Eastern Sports Club

15.09.2017
3. Spieltag HK Premier League
Lee Man FC - Eastern Sports Club
Tseung Kwan O Sports Ground
Endergebnis: 3:2 (2:0)
Zuschauer: 693 (etwa 150 Gäste)
Fotoalbum

Gegen Ende der dritten Woche des Asien-Aufenthalts sollte es Fussball- sowie Ländertechnisch so richtig losgehen. Den Auftakt machte mal wieder ein Ligaspiel in Hong Kong, welches zugleich das erste Flutlichtspiel im kleinen Land markierte.

Somit gings an einem sonnigen Freitagnachmittag in Richtung Osten, genauer gesagt nach Tseung Kwan O. Im nach dem Stadtteil benannten Stadion ist seit dieser Spielzeit der Lee Man FC beheimatet, welchen man schon eine Woche zuvor beim Auswärtsspiel in Yuen Long sehen durfte. Gegner des Tages war der Eastern Sports Club, seines Zeichens Vizemeister der abgelaufenen Saison, in dieser Saison nach schwachem Start mit null Punkten aus den ersten beiden Spielen aber Letzter.

Von unserer Bleibe aus bedeutete die Reise in den Osten der Stadt im wahrsten Sinne des Wortes eine Durchquerung des halben Landes. Dank der gut ausgebauten Metro sollte dies allerdings kein Problem darstellen, doch die dafür benötigte Zeit musste auch erstmal eingeschätzt werden. Letztendlich erreichte man Tseung Kwan O viel früher als erwartet, was noch ein wenig Zeit für den Besuch der nahegelegenen Mall übrig ließ.

Das Einkaufszentrum, was auf den seltsamen Namen „Popcorn“ getauft wurde, bot uns ebenfalls die Möglichkeit, ein paar Getränke sowie etwas zu beißen für das Spiel zu besorgen. Mit ein paar Happen in der Hand wurde der restliche Weg zu Fuß zurückgelegt. Glücklicherweise zeigten Hinweisschilder innerhalb der Mall zum richtigen Ausgang, der direkt zum Stadion führt. Ansonsten hätte man sich wohl in den Labyrinth-ähnlichen Gängen schonungslos verlaufen.

Über eine kleine Brücke gelangte man zur Anlage, deren Flutlichter sich schon von weitem aus der Dunkelheit erhoben und im Einklang mit der Skyline des Ortsteils den Himmel erleuchteten. Keine fünf Minuten später stand man am Ticketschalter, wo es die Sitzplatzkarten für einheitliche 80HK$ (etwa 8,50€) zu haben gab. Nach einer kurzen Begehung der Umgebung gings auch schon rein ins halbe Rund, welches nicht nur im ersten Moment zu begeistern wusste.

Machte die Anlage schon von außen einen schicken und vor allem modernen Eindruck, war man spätestens von der Innenansicht absolut überzeugt. Die geschwungene, fast schon kurvenähnliche Haupttribüne ist ein Hingucker für sich. Ihre runde Bauart umschließt fast die Hälfte des Sportfeldes, wodurch es mir recht schwerfällt, von einem dann im Endeffekt doch nur einseitigen Ausbau zu sprechen, da man auf beiden Seiten fast bis hinters Tor laufen kann. Auch die Beleuchtung der erst 2009 erbauten Tribüne war ein absoluter Blickfang und bestach vor allem durch die ovalen Öffnungen des Daches.

Anhänger des momentanen Drittligisten Jena werden wohl gefallen an der Farbgestaltung der Sitzschalen finden, denn die blau-weiß-gelben Töne heben sich wohlwollend vom ansonsten recht grauen Betonbau ab. Während sich der Sitzplatzbereich über gut 80% der Fläche erstreckt, befinden sich an den beiden, flach auslaufenden Enden der Tribüne jeweils kleine Stehbereiche. Wirklich benötigt werden die aber wahrscheinlich nicht.

Auf einer Sitzschale platzgenommen, wurde auch die andere Seite der Anlage in Augenschein genommen. Diese ist jedoch, fast schon Hong Kong typisch, schnell beschrieben: Man hat einen unverbaubaren Blick auf die Wohntürme des Stadtteils, die mit ihren vielen Lichtern gerne mal vom eigentlichen Spielgeschehen ablenkten. Davor wurde eine gigantische Anzeigetafel platziert, auf der man spielentscheidende Szenen mit einer kleinen Verzögerung nochmals sehen konnte. Die vier großen Flutlichtmasten rahmen die Anlage ein und lassen sie in einem an diesem Abend viel zu hellen Licht erstrahlen.

Eine große Laufbahn sowie viele andere Anlagen der Leichtathletik durften natürlich auch nicht fehlen. Eigentlich auch kein Wunder, wurde das Stadion vor wenigen Jahren für die East Asian Games gebaut. Mit Platz für 3.500 Zuschauer sowie der Möglichkeit, die Kapazität durch Zusatztribünen zu erhöhen, dürften auch internationale Spiele im Osten Hong Kongs ausgetragen werden.

Ob es aber in naher Zukunft dazu kommt, steht in den Sternen, denn mit dem Lee Man FC hat das Stadion einen nagelneuen Mieter. Dieser wurde erst im Sommer 2017 gegründet und durfte, aufgrund der Zahlung einer Lizenzgebühr im sechsstelligen Bereich, sofort in der ersten Liga antreten. Ermöglicht wurde dies durch die Insolvenz von South China AA, welcher noch bis wenige Monate zuvor den Tseung Kwan O Sports Ground sein eigen nennen konnte.

An dieser Stelle sei erwähnt, dass, mit nur einer Ausnahme, kein Verein ein Stadion wirklich besitzt, sondern es nur über einen gewissen Zeitraum nutzt. Viele Clubs wechseln häufiger ihren Heimspielort, was an der Art der Spielortvergabe liegt: Nach Ende einer jeden Saison obliegt es den Bestplatzierten, ihr Stadion der Wahl zu beziehen. Während die District Teams alles daran setzen, in ihrem Stadtteil zu spielen, ziehen die eher namenlosen neuen Clubs wahllos durchs Land. Definitiv kein System, mit welchem man aus deutscher Sicht warm werden würde.

Im Gegensatz zum neugegründeten Heimteam stand auf der anderen Seite mit dem Eastern Sports Club einer der ältesten Vereine des Landes. Seit seiner Gründung im Jahre 1932 wurde man vier Mal in der ehemaligen First Division Meister und holte sechzehn Pokale. Internationale Aufmerksamkeit wurde dem Club im Sommer 2016 zu Teil: Zum ersten Mal überhaupt wurde die neugegründete Premier League gewonnen. So weit so normal, doch die Mannschaft wurde in dieser Saison von einer Frau trainiert. Chan Yuen Ting wurde somit die erste weibliche Trainerin weltweit, welche mit einem Männerteam einen Titel holte.

Dies zu den Historien, denn am meisten freute man sich auf das, was auf den Rängen geboten werden sollte (obwohl man nicht wirklich wusste, was zu erwarten wäre). Während die Mannschaften den Platz betraten, machten auf beiden Seiten jeweils kleinere Fangruppierungen auf sich aufmerksam.

Erstaunlicherweise waren sogar auf der neugegründeten Heimseite eine Handvoll gelber unterwegs, doch mehr als eine Schwenk- sowie mehrerer gedruckter Zaunfahnen gabs nicht. Dafür ertönte das asiatische Äquivalent zur deutschen Klatschpappe: Zwei Luftballon-Röhren, die in einem ständigen Rhythmus das Stadion mit ihrem hell blechernen Ton erfüllten. Gegen Ende gabs ein paar „Lee Man“-Rufe, was jedoch schon als Highlight der Heimfans bezeichnet werden kann.

Auf Seiten der Gäste war hingegen deutlich mehr geboten. In einem mit vielen blauen Fahnen geschmückten Bereich versammelte sich ein etwa 30-köpfiger Haufen, welcher fast durchgängig auch mit Schwenkfahnen hantierte. Die akustische Unterstützung war ebenfalls vorhanden, und das über volle neunzig Minuten. Einzig der Stil war, sagen wir mal, eher von der langweiligeren Sorte.

Aufgrund eines Trommelverbotes im Stadion (Die Gegend hinterm Stadion ist etwas wohlhabender) nutzte der Haufen eine Art Rassel, um den Rhythmus vorzugeben. Darauf gabs dann den immer gleichen Ruf, nämlich den Vereinsnamen auf Kantonesisch. Einzig der Klatschrhythmus wurde alle fünf Minuten mal verändert. Ungewöhnlich und fast schon nervend, dennoch faszinierte gleichzeitig die Ausdauer der Fans. Trotz angezogener Handbremse, was die Sangeskraft eines jeden Einzelnen anging, erreichte der kleine Haufen durch das Dach eine im Endeffekt ganz respektable Lautstärke.

Auch beim eigenen wiederholten Standortwechsel in der ersten Hälfte konnte man die Gäste in jeder Ecke des Stadions hören. Bis dato sollte dies der beste Support sein, den man in Hong Kong sehen durfte. Aber viele Partien standen ja noch bevor.

Auf dem Platz duellierte sich Gelb mit Blau, wobei sich der Rasen eher der Farbe der Hausherren anpasste. Beide Teams starteten gleich mit null Punkten in die neue Saison, was die Ausgangslage für eine spannende Partie bedeutete. In der Anfangsphase zeigten beide Teams auch erstmal, welche eigentlich Qualität in ihnen steckt.

Der schöne Angriffsfussball beider Seiten gefiel ganz gut. In der 17. Minute war es Lee Man, die durch einen unglaublichen Distanzschuss zur Führung trafen. Kurz vor der Pause netzten die Gelben gegen aufopferungsvolle Gäste eiskalt zum 2:0. Den Eastern-Fans machte es erstmal nichts aus, sie sangen bzw. klatschten einfach weiter.

Die anschließende Pause nutzte man zur Beschaffung neuer kalter Getränke, um den durch die schwüle Hitze abgesackten Wasserstand nochmal aufzufüllen. In der zweiten Hälfte wurde man Zeuge einer klaren Leistungssteigerung der Gäste, die direkt zum Anschlusstreffer kamen, welcher jedoch von Lee Man im Gegenzug wieder egalisiert wurde. Das Spiel hatte nun einen extrem hohen Unterhaltungswert und spätestens nach dem nächsten Treffer, der das 2:3 aus Sicht der Gäste markierte, war jedem Zuschauer die Anspannung förmlich anzusehen.

Im knappen Spiel wurden die Zweikämpfe entsprechend härter, woraus etliche gelbe Karten resultierten, was der Partie jedoch in keiner weiße schadete. Trotz aller Bemühungen der Gäste konnten die Hausherren den knappen Vorsprung am Ende über die Zeit bringen. Im Heimbereich war der Jubel über den ersten Sieg aller Zeiten natürlich groß, doch auch die mitgereisten Gästefans klatschten für ihre Spieler. Unterm Strich ging unserer Meinung nach der Sieg für die Heimelf in Ordnung, denn der Fussball der Gelben war einfach schneller und einen Ticken besser. Der Vorjahres-Zweite Eastern muss derweilen immer noch auf seinen ersten Saisonsieg warten.

Mit Beendigung der ausschweifenden Feierlichkeiten der Hausherren gings für uns wieder nach draußen. Unterwegs traf man noch auf einen befreundeten Fussballkommentator, mit dem man sich noch etwas ausführlicher unterhielt, bevor der Rückweg zur Metro-Station angetreten wurde.

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In der Bleibe angekommen, mussten als nächstes die Koffer gepackt werden, denn am nächsten Morgen ging es für uns schon früh zur nächsten Station der Reise.