20.05.2017 34. Spieltag Oberliga Rheinland-Pfalz/Saar Borussia Neunkirchen - FSV Salmrohr Ellenfeldstadion Endergebnis: 0:1 (0:1) Zuschauer: 315 (30 Gäste)
Obwohl Neunkirchen keine fünf Minuten neben meiner Heimat liegt, blieb das Ellenfeldstadion doch sehr lange ein weißer Fleck auf der Landkarte. Lediglich zwei Besuche standen bis dato auf der Habenseite, und der letzte Besuch ist auch fast wieder ein Jahr her. Höchste Zeit also, der Borussia mal wieder eine Visite abzustatten.
Vom kleinen Stadionfest in Elversberg aus, was man am frühen Mittag besuchte, ging es mit dem Auto auf die kurze Strecke in die Nachbarstadt. Geparkt wurde am lokalen Supermarkt, bevor für 5€ die Tickets für einen Stehplatz besorgt wurden. Nach ein paar Fotos von dem altmodisch, schicken Baus liesen wir uns in Block 1 auf der Gegengerade nieder. Da noch eine gute halbe Stunde bis zum Anpfiff übrig war, setzte man sich einfach auf die Stufen und lies das Stadion auf sich wirken.
Nicht ohne Grund gehört es zu den absolut Schönsten in Deutschland. Die Tatsache, dass es mittlerweile komplett heruntergekommen ist, macht den oldschooligen Charme erst so richtig perfekt. Überall blättert die Farbe ab, viel Rost frisst sich durchs Metall, die meisten Fenster der Haupttribüne sind zerstört und viele alte Eingänge vom Gestrüpp zugewuchert. Woanders wohl schon lange abgerissen, bröckelt das Stadion hier noch weiter vor sich hin. Geld für Renovierungen gibts eher keins, zum Glück. Denn gespielt wird hier trotzdem, auch wenn die alte Spieser Kurve nicht mehr komplett zugänglich ist.
Das Image des Stadions spiegelt sich auch im Verein wieder. Einst ein Bundesligist, fristet die Borussia aus der Hüttenstadt ein eher tristes Dasein in der Oberliga. Die Träume von höherklassigem Fussball waren da, als Zielvorgabe fiel immer wieder das Wort Regionalliga… doch sportliche Nichtleistungen und personelle Fehltritte und Intrigen warfen den VfB immer wieder zurück.
Am letzten Spieltag stand Neunkirchen nun auf dem vorletzten Tabellenplatz, abhängig vom Ausgang anderer Spiele und nicht mehr in der Lage, aus eigener Kraft die Klasse zu halten. Doch selbst die unmöglichsten Rechenspiele mit einbezogenen Vielleicht-Insolvenzen anderer Vereine liesen die kleinsten Hoffnungen der Anhänger schwinden. Nach dem Ausgang der Regionalliga-Partien kurz nach Anpfiff stand es endgültig fest: Borussia Neunkirchen steigt ab. Egal, wie das Spiel gegen den FSV Salmrohr ausgeht. Der Club versinkt also einen weiteren Schritt tiefer in der sportlichen Bedeutungslosigkeit.
Immerhin die Zuschauer halten ihrer Borussia noch die Treue, obwohl sich deren Zahl in den letzten Jahren deutlich reduzierte. An diesem Tag verkündete der Stadionsprecher 215 Zuschauer, wobei etwa einhundert mehr gezählt wurden. Denn nicht jeder muss den Eintritt bezahlen, ab einem gewissen Alter. Auch die Fanszene der Borussia stand geschlossen hinter ihrem schicken langen Banner, auch wenn es, bis auf kurze Rufe, keinerlei Stimmungsversuche gab. Die wenigen Gäste saßen überwiegend auf der Haupttribüne und verfolgten ebenfalls schweigend das Spiel.
Da auf den Rängen nichts wirklich passierte (außer ein noch eingerolltes Banner vor der Heimszene, welches auf eine noch anstehende Aktion hindeutete), widmete man die gesamte Aufmerksamkeit den Akteuren auf dem Feld. Doch auch dort gab es eher Magerkost. Borussia kämpfte, rannte aber eher kopflos und unstrukturiert nach vorne. Die Gäste aus Salmrohr wirkten dagegen, obwohl sie auch im Tabellenkeller standen, um Längen abgezockter und besser. So war auch das Führungstor für den FSV in der Mitte der ersten Halbzeit nicht verwunderlich, das von den mitgereisten Fans kurz bejubelt wurde. Danach hatten beide Teams einige Chancen, wodurch die gewünschte Spannung durchaus geboten wurde. Bis zum Halbzeitpfiff sollte aber nichts mehr passieren.
Zu Beginn der zweiten Hälfte wurde es bunt im Heimblock: Rauch in unterschiedlichen Farben stieg in die Luft, einige Strobos blinkten und auch ein Böller schepperte laut im weiten Rund. Eine schöne Show, die aber leider das Spiel, aufgrund auf dem Platz entsorgter Rauchtöpfe, unterbrach. Während der Aktion gab es laute Gesänge gegen die Vereinsoffiziellen, zu denen dann auch das Banner entrollt wurde, auf dem sich in großen Lettern “Vorstand raus” abzeichnete. Wem die Fans die Schuld am Abstieg geben ist klar, für Außenstehende aufgrund einer Vielzahl an Presseartikeln in der näheren Vergangenheit auch mehr als nachvollziehbar. Darauf folgte noch eine kurze Rennerei einiger Personen in Richtung Haupttribüne, da es wohl zu Meinungsverschiedenheiten aufgrund der gerade beendeten Aktion kam. Es blieb jedoch beim Pöbeln, ein direktes Aufeinandertreffen gab es nicht.
Das Spiel wurde kurz nach der Unterbrechung wieder fortgesetzt, versandete aber mit der Zeit immer mehr. Ich vermute mal, dass in der Pause die Nachricht vom sicheren Abstieg auch zu den Spielern durchdrang, da diese um einiges weniger investierten als noch in der ersten Hälfte. Dementsprechend leichtes Spiel hatten ab da an die Gäste, die lediglich an der Chancenverwertung scheiterten. Mehr als einmal wurde aus kurzer Distanz das leere Tor verfehlt, während die wenigen Entlastungsangriffe von Neunkirchen allesamt ungefährlich endeten.
Nach genau 90 Minuten beendete der Schiedsrichter die letzte Oberligapartie im Ellenfeld für mindestens ein Jahr. Der sehr kurz angebundene Stadionsprecher verabschiedete die Besucher, während die Meisten dieser schon lange den Weg nach Hause antraten.
Für die Heimszene in Block 4 und 5 hatte die Pyroaktion aber noch unangenehme Folgen. Schon kurz vor Abpfiff vernahm man die ersten Polizeisirenen außerhalb des Stadions, worauf sich auch schnell die ersten Blauen auf den Tribünen zeigten. Es folgte eine Blocksperre für den gesamten Bereich, in dem sich die Heimszene positionierte, sowie eine individuelle Kontrolle eines jeden Einzelnen. Neben der Personalienabgabe mussten die Anhänger auch eine Untersuchung mit einem Sprengstoffspürhund und einem Ganzkörperabtasten durch eine ganze Hundertschaft über sich ergehen lassen. Meiner Meinung nach eine komplett unverhältnismäßige Maßnahme, die in keiner Relation zu der kurzen Pyroeinlage stand.
Hier findet ihr weitere Fotos vom Spiel!
Wir verfolgten das Schauspiel noch etwas von der Gegengerade aus, bevor wir uns wieder in Richtung Auto aufmachten. Kurze Zeit später erreichte man wieder den Schlafplatz für die Nacht, wo man sich noch einige Gedanken über das erlebte Spiel machte. In der sechstklassigen Saarlandliga wird Neunkirchen wohl von Beginn an als Favorit gehandelt, muss dann aber auch mit dieser Rolle klar kommen und sich der neuen Liga anpassen. Im Endeffekt ist der Borussia ein Neuanfang zu wünschen, der nicht nur den Grundstein für den Wiederaufstieg legt, sondern den Club auch für die Zukunft wappnet.