Regionalliga: Rot-Weiß Oberhausen – RW Essen

1006. Spieltag Regionalliga West
Rot-Weiß Oberhausen - RW Essen
Niederrheinstadion
Endergebnis: 2:2 (1:0)
Zuschauer: 5.573

Am Wochenende stand man wahrlich vor der Qual der Wahl, welches der in ganz Deutschland verteilten Derbys man besuchen möchte. Aufgrund der Spielverlegung der Elversberger blieb nur noch der Sonntag über, wodurch man sich für den Trip in den Ruhrpott entschied.

Mit Wochenendticket gings mit der Bahn etwa 4 Stunden von Trier über Koblenz, Köln und Duisburg nach Oberhausen, wo bei Ankunft am HBF schon Shuttlebusse zum Stadion bereit standen. Im überfüllten Bus machte sich schnell der typische Fussballgeruch breit: Bier, Zigarettenduft und Schweiß der Oberhausener Fans, die schon den Ausgang des Spiels genau zu wissen schienen. Euphorie und “Das wird heut eh nix”-Einstellungen hielten sich ungefähr die Waage. Nach zehn Minuten Fahrt durch die Stadt und über die Autobahn erspähte man schon die drei Flutlichtmasten des Niederrheinstadions. Drei Masten? Richtig. Der vierte Mast musste aufgrund seiner Altersschwäche vor ein paar Jahren abgerissen werden. Aus dem geplanten Neubau wurde aufgrund zu großer Kosten für die klamme Oberhausener Stadtkasse nichts mehr. Der Beleuchtung des Rasens schadet der fehlende Mast allerdings nicht.

Der schöne, alte Bau liegt auf einer Halbinsel, eingeschlossen von der Emscher und dem Rhein-Herne-Kanal. Das Oval, in welchem unter anderem die Endrunde der U21-Europameisterschaft 2004 ausgetragen wurde, bietet 21.318 Plätze, von denen etwa 5.000 Steh- und Sitzplätze überdacht sind. Die Emscherkurve im Norden ist das Herz der Fanszene von RWO, welche zuletzt 1998 erneuert wurde. Die supportorientierten Anhänger sammeln sich dabei unter einem kleinen Dach am Rande der Gegengerade. Auf selbiger ist auch eine alte Stadionuhr zu bewundern, welche sich seit der Eröffnung im Jahre 1926 an gleichem Platz befindet. Im Süden befindet sich die Kanalkurve, welche momentan als Gästeblock genutzt wird. Im Jahre 1996 wurde dort die alte, ausrangierte Anzeigetafel des Haberlandstadions angebracht, ein Geschenk von Bayer 04 Leverkusen an die Stadt Oberhausen. Doch auch diese hat nun ausgedient. Momentan prägt eine alte, manuelle Anzeigetafel das Stadionbild, welche sehr gut zum etwas alten Charme des Stadions passt. Ein wenig Melancholie vielleicht, die auch an die alten, erfolgreiche Zeiten des Sportclubs aus Oberhausen erinnern soll und die ältere Generation ins Schwelgen bringt.

Am 18. Dezember 1904 aus einer Fusion des Emschertaler SV mit dem Oberhausener Turnvereins entstanden, spielte der Club bis in die fünfziger Jahre fast ununterbrochen in der höchsten Spielklasse, der Oberliga, und nahm an der Endrunde um die deutsche Meisterschaft teil. Bis zum Anfang der 60er Jahre duellierte sich der Club mit den “großen drei” des westdeutschen Fussballs: Borussia Dortmund, Schalke 04 und dem 1.FC Köln. Die Qualifikation zur 1963 eingeführten Bundesliga verpassten die Rot-Weissen aber recht deutlich mit einem zehnten Tabellenplatz. Sechs Spielzeiten in der Regionalliga waren von Nöten, bis der Aufstieg in die höchste deutsche Spielklasse gelang, welche danach für vier Spielzeiten gehalten werden konnte. Ab dem Jahr 1981 begann eine sportliche Talfahrt, welche mit dem Lizenzentzug und dem Abstieg in die Verbandsliga 1988 ihren Höhepunkt fand. Nach einer längeren Erholungszeit gelang 1998 wieder der Aufstieg in die zweite Bundesliga. In den Jahren 2004 bis 2005 gings von der Zweitklassigkeit wieder zurück in die Oberliga, weitere zwei Jahre später spielte man wieder in der 2. Liga. 2011 musste der Gang in die dritte Liga angetreten werden, aus welcher man nach einer Saison wiederum abgestiegen ist. Seitdem sind die Rot-Weissen fester Bestandteil der Regionalliga West, in welcher regelmäßig obere Tabellenplätze belegt werden. Den Sprung auf den Relegationsplatz gelang zum Ende der Saison jedoch noch nie. Aktuell belegt der Club den 11. Tabellenplatz und muss sich wohl eher nach unten orientieren.

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Das Spiel am Wochenende gegen den Rivalen aus der Nachbarstadt wird auch gerne als Rot-Weisses Derby bezeichnet. RW Essen ist, vor allem aufgrund der Lage, neben dem MSV Duisburg der größte Rivale der Oberhausener. Entsprechend gut gefüllt waren Heimkurve und Tribüne. Nach einigen guten, rockigen Vereinssongs, welche durchaus zu gefallen wussten, betraten die Teams endlich das Feld und die beiden Kurven gaben sich die Ehre. Die Oberhausener Fanszene, welche seit den 90er Jahren eine offizielle Freundschaft zu den Anhängern des SSV Ulm pflegen, startete stimmungsvoll in die Partie. Viele Schlachtrufe, melodische Gesänge und vor allem viel Gepöbel gegen die unbeliebten Nachbarn prägte die erste Halbzeit. Trotz einiger Schwächephasen war der Heimblock, vor allem aber aufgrund des eigenen Standortes, immer wahrnehmbar und klar tonangebend. Beflügelt durch den überraschenden Führungstreffer konnte manchmal die gesamte Emscherkurve mit eingebunden werden. Die Essener waren selten wahrnehmbar, gefielen seitens des Fahneneinsatztes aber ein wenig besser. Manch einer behauptet auch, dass sich die Essener Szene immer noch in einer Umstrukturierungsphase nach Auflösung von UE befindet und es deshalb noch etwas hakt.

Dass sie es besser können, zeigten die Gäste in Halbzeit zwei: Innerhalb von zwei Minuten drehten die Essener das Spiel und beflügelten den Gästeblock. Minutenlange Gesänge erfüllten die Arena und ließen verständlicherweise die Heimfans verstummen. Leider blieb es bei den Reaktionen nach den Toren und die Lautstärke ging, trotz Dach auf beiden Seiten, etwas runter. Ein wenig mehr hätte man sich schon erhofft.

Die Oberhausener Szene machte in der zweiten Hälfte noch auf ein Thema aufmerksam, welches an Lächerlichkeit nicht zu überbieten ist. Aufgrund der Zugehörigkeit zu einer Fangruppe wurden einige Fans von der Polizei zum Idiotentest der MPU bestellt. Und dass, obwohl der größte Teil noch nie auffällig wurde geschweige denn auch nur eine Straftat begang. Die Begründung sei das Aggressionspotenzial, welches von Fussballfans ausgehen sollte. Einfach nur zum Kopfschütteln, was sich die Staatsmacht immer wieder ausdenkt. Die Informationen dazu stammen übrigens aus dem Stadionflyer der Oberhausener Fanszene. Wer mehr dazu lesen will, bekommt weitere Infos auf den Internetauftritten der Oberhausener.

Neben den Spruchbändern (Bilder siehe unten) gab es leider keine weiteren optischen Aktionen von beiden Seiten. Die in der ersten Hälfte überzeugende Stimmung der Heimkurve flachte nach dem gedrehten Spiel stark ab. Lediglich in der Schlussphase gab die Emscherkurve nochmal alles und peitschte die Mannschaft nach vorne, was sie mit dem Ausgleich in der letzten Minute dankte. Der spielerisch verdiente Ausgleich in einem Spiel, was keinen wirklichen Sieger verdiente, wurde von den Fans gefeiert wie ein Sieg.

Für uns ging es, aufgrund der unglaublichen Kälte mit Nieselregen und starkem Wind seit Beginn der zweiten Hälfte, kurz nach dem Abpfiff direkt zu den Schuttlebussen und zurück zum Hauptbahnhof. Nach einer kleinen Stärkung in einem lokalen Fastfood-Restaurant schnappte man den ersten Zug in Richtung Koblenz erreichte nach weiteren 4 Stunden Fahrt wieder die Heimat.

Alles in allem ein Derby mit einem kurzweiligen Spiel, welches aber auf den Rängen nicht ganz überzeugen konnte.