Community Cup: Kitchee SC – Eastern Sports Club

23.09.2017
Community Cup
Kitchee SC - Eastern Sports Club
Mong Kok Stadium
Endergebnis: 2:1 (1:0)
Zuschauer: 3.486
Fotoalbum

Keine zwei Tage nach Wiederankunft in Hong Kong stand auch schon die nächste Partie auf dem Programm. Leider dieses Mal kein Ligaspiel, sondern einer der vielen Landespokale, die den ansonsten eher dünnen Spielplan zumindest etwas ausbauen.

Der Community Cup ist in etwa mit dem deutschen Supercup vergleichbar und mindestens genauso unnötig wie sein deutsches Pendant. Dabei spielt der amtierende Meister gegen den Sieger der so genannten Season Playoff, die vor der Saison einen weiteren internationalen Startplatz ermittelt. Im Grunde vergleichbar mit der Quali-Runde zur Europa-League in Belgien und auch genauso verwirrend.

Der eigentlich entscheidende Faktor ist aber die Tatsache, dass in diesem Pokalspiel die beiden aktuell größten und erfolgreichsten Vereine des Landes aufeinandertrafen. Das Duell zwischen Kitchee und Eastern ist, zumindest momentan, das wichtigste Derby in Hong Kong, nicht zuletzt aufgrund des anhaltenden Erfolges beider Teams im nationalen Wettbewerb.

Dazu fand die Partie im wunderschönen Mong Kok Stadium statt, welches gleichzeitig als Heimspielstätte beider Vereine dient. Selbiges besuchte man zwar schon im Frühjahr des Jahres, doch gegen einen Revisit vor großer Kulisse hatte man definitiv nichts einzuwenden. Immerhin rechnete man mit mehr als den üblichen 700-800 Zuschauern, die im Ligabetrieb im Landesdurchschnitt die Stadien füllen.

Somit gings am schwül-heißen (wann ist es das in HK mal nicht…) Samstagmorgen per Metro in Richtung Innenstadt. Von der Station Prince Edward aus musste zunächst der berühmte Blumenmarkt durchquert werden, bevor man auch schon die zentral gelegene Anlage erreichte. Für 80 HK$ pro Nase (in etwa 10€) gabs die Tickets inklusive freier Platzwahl im gesamten Rund. Außer den beiden „VIP-Blöcken“, versteht sich. Wer sich dahin verlaufen sollte, muss aber wahrscheinlich nicht mit einem Rauswurf rechnen, da die dortigen Reihen mit am dünnsten besetzt waren.

Bemerkenswert an der Bauart des Stadions sind die Aufgänge am vorderen Ende der Tribünen, wodurch man direkt hinter den Banden herumlaufen kann. Für den ein oder anderen auch schon der perfekte Standort, für uns sollte es aber ein Sitzplatz sein.

Aufgrund der Standorte beider Fanszenen auf den jeweiligen Seitentribünen sowie der direkten Sonneneinstrahlung auf die andere Seite fiel die Entscheidung schnell auf die Hintertortribüne neben dem Eingang. Im Schatten konnte man es wenigstens etwas aushalten, doch 2-3 Flaschen Wasser wanderten während des Spiels dennoch die Kehle hinunter.

Die beiden Fantribünen und die schattige Hintertorseite waren dementsprechend am besten gefüllt, während sich unter der Anzeigetafel nur wenige Hartgesottene verliefen. Das Stadion an sich zählt sicherlich zu meiner persönlichen Top Ten, wenn ich denn mal eine solche aufstellen würde. Vor allem die Dachkonstruktionen von Haupt- und Gegentribüne sind einfach nur einzigartig. Dazu das grandiose Panorama der Skyline von Mong Kok und fertig ist eine astreine Spielstätte mitten in der Stadt.

Im Gegensatz zum letzten Besuch, als man an gleicher Stelle übrigens ebenfalls ein Pokalspiel besuchte, waren die Ränge dieses Mal deutlich besser gefüllt. Am Ende sollten es knapp 3.500 Schaulustige werden, die sich in großen Teilen des Spiels in Bewegung zeigten… allerdings in Form eines Fächer-wedel-Konzertes. Ernsthaft, gefühlt hatte jeder irgendetwas dabei was man als Fächer benutzen könnte. Wäre bei uns im Sommer auch mal ne Idee, an Stelle von Klatschpappen.

Aber zurück zum Pokalspiel. Eigentlich schienen dort die Rollen schon vor Anpfiff klar verteilt: Kitchee durch viel Geld und kürzlich errungene Erfolge klarer Favorit, Eastern derweilen in einer Formkrise und in der Liga noch punktlos. Ein Sieg in diesem Spiel wäre wohl für letztgenanntes Team, immerhin Vizemeister der abgelaufenen Saison, Balsam auf die Seele. Für Kitchee lediglich eine weitere Trophäe für die Vitrine, welche durch die letzten Jahre bald aus allen Nähten platzen dürfte.

Denn der 1931 gegründete Club startete erst in diesem Jahrzehnt durch Sponsorenverträge so richtig durch. Während die ersten drei Meisterschaften aus den Jahren 1948, 1950 und 1964 datieren, konnten ab 2010 ganze fünf weitere Male die Liga sowie acht Pokale gewonnen werden, darunter ganze drei Mal das sagenumwobene Tripel. Auch international hinterließ der Club durch erfolgreiche Runden im AFC Cup spuren und erreichte mehrere Male Viertel- und sogar Halbfinals.

Durch die Hochstufung des Hongkonger Fussballs (ähnlich wie die UEFA Fünfjahreswertung) geht Kitchee in dieser Saison zum ersten Mal in der AFC Championsleague-Gruppenphase an den Start. Dennoch wäre ein Sieg im Community-Cup der erste in der Vereinsgeschichte.

Natürlich hofften auch die Fans auf den Sieg und begleiteten ihre Clubs in einer für Hong Kong respektablen Anzahl zum Spiel. Die Anhänger von Kitchee beanspruchten dabei die komplette Gegengerade für sich und schmückten mit ihren dunkelblau-hellblauen Bannern sämtliche Treppenaufgänge. Selbige waren teils auf Kantonesisch, teils auf Englisch und enthielten entweder den Vereinsnamen oder etwa simple Sprüche.

Aufgrund des anhaltenden Erfolges des Teams bildet sich um den Kitchee SC die aktuell größte Fanbasis des Landes, wodurch Spiele mit deren Beteiligung eigentlich immer recht gut besucht sind. So als kleiner Tipp für diejenigen, die über einen Besuch nachdenken.

Die einzige nennenswerte Fangruppierung des Clubs hört auf den Namen Ultras Bluewave und bildete an diesem Tag einen recht großen Stimmungskern auf der ansonsten stillen Tribüne. Gut 50 Mann (und Frauen) trugen dabei ihr Liedgut vor, schwenkten ein paar Fahnen mit Vereins- und Gruppenlogos und hüpften hier und da. Bei Temperaturen jenseits der 35° schonmal respektabel.

Gesanglich würde ich die Geschichte eher in den englischen Stil einordnen, da die meisten Melodien von der Insel stammen und auch auf englischer Sprache gesungen werden. Finde ich ein wenig schade, dass so wenig auf die lokale Sprache zurückgegriffen wird. So muss man das Ganze eben zwangsläufig mit europäischen Gruppen vergleichen, wobei 50 Mann mit stark angezogener Handbremse eben den Kürzeren ziehen.

Highlights gabs dann aber auch noch: So wurde es zwischenzeitlich beim „Kitchee all the way“ und „We love you Kitchee, we do“ recht laut und ein umgedichtetes „Hey Jude“ von den Beatles blieb etwas länger im Kopf.

Die Gegenseite positionierte sich auf der Haupttribüne neben dem VIP-Block und stellte den etwas kleineren Haufen, auch wenn ein Großteil der neutralen Stadiongänger anscheinend dem Underdog die Daumen drückte. Auch hier hingen ein paar Zaunfahnen und einige Schwenkfahnen mit Clublogo gaben ein recht ansehnliches Bild ab.

Zudem zeigte der Eastern-Anhang zum Einlaufen eine kleine Choreo, bei der kleine Papptafeln hochgehalten wurden, die die Trikots der Spieler zeigten. Schlicht, aber immerhin etwas. War eigentlich schon weit über dem, was ich erwartet hätte.

Am folgenden Support beteiligten sich durchschnittlich etwa 30-40 Mann, bei Chancen gerne auch mal ein paar mehr. Das Liedgut gehörte dabei, ähnlich wie im zuvor besuchten Spiel, der, sagen wir mal, „anderen“ Sorte an. Pausenlos, über die vollen 90 Minuten, wurden dieselben beiden Schlachtrufe „We are Eastern“ und der Vereinsname auf Kantonesisch auf ständig wechselnde Trommelrhytmen gerufen, Melodien oder irgendeine Abwechslung suchte man vergebens.

Aber dennoch bin ich eher beeindruckt und frage mich wirklich, wie man sowas jedes Wochenende für die volle Zeit durchziehen kann. Unterm Strich gabs aber Stimmung von beiden Seiten, und das eigentlich gar nicht mal so leise. Bisher das Beste, was man in Hongkong gesehen hat.

Auch auf dem Rasen zeigte sich schnell ein starkes Spiel, in dem beide Offensiven allen Anschein machten, heute ihr Bestes zu zeigen. Dennoch dauerte es bis zur 32. Minute, ehe der Ball zum ersten Mal im Netz zappelte. Nach einem Eckball von Kitchee konnte die Hintermannschaft von Eastern den Ball nicht klären, wodurch der Nachschuss drin war.

Großer Jubel auf der Tribüne, bevor wenig später Stille einkehrte. Das Tor war irgendwie der Stimmungstod für die Szene von Kitchee. Immerhin malträtierte der Anhang auf der Haupttribüne weiterhin die Trommel, sodass man dennoch mit genug Krach in die Pause ging. Selbige nutzten wir standesgemäß zum Wechsel des Standortes, dieses Mal, dank der nun untergegangenen Sonne, auf die nun dunkle und immer noch leere Hintertortribüne unter der Anzeigetafel.

Dort eröffnete sich uns ein unverbaubarer Blick auf die leuchtenden Türme der Großstadt, die vom immer dunkler werdenden Himmel langsam verschlungen wurden und zu leuchten begannen. Die neben dem Stadion verlaufende Straße offerierte ebenfalls etwas Abwechslung und lud mit bunten Lichtern zum ein oder anderen Blick ein.

Doch auch auf dem Platz sollte wieder Spannung geboten werden, denn das aufopferungsvoll kämpfende Eastern kam nach der Pause mit dem 1:1 wieder zurück ins Spiel. Endlich waren auch wieder beide Fanszenen am Start und tauchten das Stadion in eine nun ganz ordentliche Atmosphäre. Das 2:1 für Kitchee kurz danach kam dann eher wieder überraschend. Nicht nur für uns, sondern auch für Eastern, dessen Akteure tatenlos zusahen.

Kitchee spielte nun natürlich auf Zeit, was den Anhängern des hinten liegenden Clubs gar nicht schmeckte. Von der Haupttribüne aus begann nun eine Pöbeltriade nach der anderen und mehr als einmal rannten aufgebrachte Fans bis an den Spielfeldrand. Emotionen gabs demnach reichlich.

Ab der 80. Minute liefen landestypisch schon viele der Zuschauer in Richtung Ausgang oder gingen zu den Banden und verfolgten von dort das Spiel. Man will ja schließlich als erstes mit dem Schlusspfiff draußen sein und keine wertvolle Sekunde mit der Feier mit der Mannschaft verschwenden, versteht sich.

Derweilen parkte Kitchee hinten den Bus und lies keine Chancen mehr zu. Am Ende durfte sich also Kitchee über einen weiteren Pokal für die Sammlung freuen, während Eastern recht unglücklich gegen einen gar nicht mal stärkeren Gegner eine bittere Niederlage hinnehmen musste. Da uns die Preisverleihung auf dem Rasen nicht sonderlich interessierte, gings für uns mit Beginn selbiger in Richtung Ausgang. Immerhin der kleine Kern Kitchee-Fans blieb bis zum Ende und jubelte mit der Mannschaft, während gut drei Viertel der Zuschauer schon auf dem Weg nach Hause waren.

Mit ein paar letzten Schnappschüssen im Kasten gings auch für uns hinaus in die Dunkelheit und auf den kurzen Fussweg zur Metrostation. Eine gute halbe Stunde später konnte man sich endlich wieder unter die Klimaanlage legen und den Wasserhaushalt durch einige kühle Getränke auffüllen. Rückblickend gabs zwar keinen neuen Ground, aber dennoch das bisher größte Spiel im Land. Und mal wieder ein Stadion, nach dem man sich einfach nur die Finger lecken kann.

Hier gibts mehr Fotos!

Abschließend die unbedingte Empfehlung: Wenns nur ein Spiel in Hong Kong wird, kann ich euch das Mong Kok Stadium einfach nur ans Herz legen. Der Bau ist einfach Spitze und die beiden in ihm spielenden Teams die mit den höchsten Zuschauerzahlen.